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Gruppenfoto Teilnehmer Zukuntswerkstatt: Zum Thema „Kampf gegen Unfälle im Kreis auf Dachterrasse Volksbank Kleverland

An der Diskussion nahmen v.l.n.r. Frank Ripkens (Prokurist Volksbank Kleverland), RP-Redakteur Maarten Oversteegen, die städtische Radverkehrsbeauftragte Pascale van Koeverden, Achim Jaspers (Leiter Direktion Verkehr der Polizei), Andreas Gruhn (Leitender Regionalredakteur RP), Lars van Acken (Abteilungsleiter Ordnung bei der Stadt Kleve) sowie Peter Baumgarten (Vorsitzender Verkehrswacht) teil. Foto: Nicholas Pawelke

Kampf gegen Unfälle im Kreis – „Wir können uns von den Niederländern viel abschauen“

Rheinische Post vom 31.05.2025 - von Maarten Oversteegen

Die Straßen im Kreis Kleve sind die gefährlichsten in Nordrhein-Westfalen. Bei der Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinischer Post diskutierten Fachleute über Ursachen und Lösungen. Bei einer Feststellung herrschte Einigkeit: Der größte Risikofaktor im Verkehr ist der Mensch.

Unter dem Titel „Immer wieder schwere Unfälle: Wie werden die Straßen in Kleve und der Region sicherer?“ diskutierten Experten am Montagabend unter anderem über den Trend zu E-Scootern, Tempolimits, Drogen hinterm Steuer und über die Frage, was wir beim Thema Verkehr von unseren niederländischen Nachbarn lernen können. Achim Jaspers, Polizeioberrat und Leiter der Direktion Verkehr, ordnete ein, dass die Zahl der Unfalltoten in den ersten Monaten 2025 unter der von vor einem Jahr liege, von Entspannung könne man aber nicht sprechen: „Vier Tote sind immer noch vier zu viel.“ Zumal man eine hohe Zahl an Verletzten und Schwerverletzten nicht vergessen dürfe. Daher lege die Polizei zwischen Elten im Norden und Herongen im Süden auch einen Fokus darauf, schwere Unfälle zu verhindern.

Peter Baumgarten, Vorsitzender der Verkehrswacht im Kreis Kleve, antwortete auf die Frage von Andreas Gruhn, Leitender Regionalredakteur der Rheinischen Post und Moderator der Debatte, was das größte Risiko für Unfälle ist: „Der Mensch.“ Denn: „Viele fahren unangepasst, sie vergessen Regeln und agieren aggressiv.“ Auch Jaspers meinte: Die meisten Unfälle resultierten aus menschlichen Fehlern. Aber es gebe auch andere Schwierigkeiten, Baumgarten sagte: „Der jeweilige Straßenbaulastträger ist in der Verantwortung, die Straßen sicherer zu machen.“

Dafür, dass zumindest die Straßen in Kleve sicherer werden, setzt sich Pascale van Koeverden als Radverkehrsbeauftragte der Stadt ein. Die Infrastrukturplanung müsse „schwächere“ Verkehrsteilnehmer stärker berücksichtigen, sagte sie: Radfahrer und nicht zuletzt Fußgänger. Die Krux bei der Verkehrswegeplanung sei nicht selten die Flächenverfügbarkeit. „In der Unterstadt sind tendenziell Flächen verfügbar, in der Oberstadt ist das schwieriger“, sagte van Koeverden. Als Verwaltung sei man bemüht, Schulwege sicherer zu gestalten. Zudem nehme man die Emmericher Straße mit ihren vielen Seitenstraßen ins Visier. Und: „Umsteigen aufs Rad hat auch etwas mit Vorfahrt zu tun“, sagte van Koeverden. Sie wies darauf hin, dass viele Verkehrsteilnehmer im Innenstadtbereich reizüberflutet würden, die Schilderlandschaft ist imposant.

Immer wieder kommt es im Kreis Kleve auch zu folgenschweren Unfällen, an denen Pedelecfahrer beteiligt sind. „Das Problem dabei ist häufig nicht die Geschwindigkeit“, sagte Jaspers. Wobei man als Polizei durchaus Räder aus dem Verkehr ziehe, die so manipuliert sind, dass sie bis zu 45 Stundenkilometer schnell fahren können. „Das Problem ist eher die sonstige Handhabung“, sagte Jaspers. Senioren täten sich mitunter mit dem Auf- und Absteigen schwer, bisweilen würden Bordsteine nicht getroffen. Auch Baumgarten sieht das Problem. „Bei Pedelecs sind die Gänge entscheidend.“ So komme es etwa zu gefährlichen Situationen, weil Pedelecfahrer in einem zu hohen Gang anfahren und dann kaum oder nur schwankend vom Fleck kommen. „Mein Wunsch wäre es, dass die Leute beim Kauf ihres Pedelecs oder E-Bikes besser eingeführt werden“, sagte der Chef der Verkehrswacht.

Zudem sind vor allem jüngere Menschen vermehrt auf E-Scootern unterwegs. Da habe man als Polizei vor Jahren eine Fehleinschätzung gemacht, sagte Jaspers, denn: „Wir gingen davon aus, dass sie sich auf dem platten Land nicht durchsetzen würden.“ Heute nutzen viele Schüler die Elektro-Tretroller sogar auf dem Weg zur Schule. „E-Scooter sind auffällig in der Unfallstatistik“, sagte Jaspers. Zumal sie nicht selten, entgegen den Vorschriften freilich, zu zweit gefahren werden. Die Polizisten haben sich mit einem Elternbrief an Heranwachsende und deren Erziehungsberechtigte in der Kreisstadt gewandt, um zu warnen und über die Regeln aufzuklären.

Lars van Acken, Abteilungsleiter Ordnung im Klever Rathaus, bestätigte ebenfalls, dass E-Scooter Sorge bereiteten, denn: „Sie sind zwar praktisch, passen aber vielerorts nicht in den Verkehr.“ Jaspers erklärte darüber hinaus, dass sich kleinere Motorräder in der Region offenbar einer wachsenden Beliebtheit erfreuten, sie aber auch immer häufiger in Unfälle verwickelt seien. Und: „Wir haben steigende Fallzahlen bei Kraftfahrzeugrennen.“

RP-Vertreter Andreas Gruhn hakte nach, welche Folgen die Teillegalisierung von Cannabis auf den Straßenverkehr hat. Jaspers reagierte, dass der Duft von Gras in der Öffentlichkeit zwar wahrnehmbarer sei, es sei aber noch zu früh, um die Folgen des Gesetzes aus polizeilicher Sicht zu beurteilen. Allerdings steige die Zahl der Verunfallten, die unter dem Einfluss von Rauschgift und Alkohol standen. Dass Autofahrer berauscht unterwegs sind, komme längst nicht mehr nur nachts vor – auch tagsüber mache man entsprechende Feststellungen. Und Jaspers sagte: „Die Dunkelziffer ist hoch.“ Mit Blick auf Cannabis fügte der Polizist an: „Wenn jemand drei Mal pro Woche Cannabis konsumiert, kommt er nie in den grünen Bereich, wieder Auto fahren zu dürfen.“

Und was können wir von den Niederländern lernen? Baumgarten lobte die Gelassenheit und Rücksicht, mit der man im Nachbarland im Straßenverkehr unterwegs sei: „Wir können uns von den Niederländern viel abschauen.“ Jaspers verwies darauf, dass die Verkehrsraumgestaltung im Königreich besser sei. Und was ist mit Tempo 80, das auf niederländischen Landstraßen gilt? Darüber könne man reden, sagte Jaspers, er stellte aber klar, dass solche Beschränkungen dann unbedingt auch kontrolliert werden müssten. Es gehe um „Einsicht durch Repression“. Das sieht Lars van Acken genauso, immerhin will die Stadt Kleve künftig wie berichtet zusammen mit den Gemeinden Kranenburg und Bedburg-Hau blitzen, um Temposündern auf die Schliche zu kommen. Es soll ein Blitzer-Fahrzeug zum Einsatz kommen.