Kalkar Der kleine Marktplatz an der Gocher Straße in Altkalkar ist an diesem Morgen trotz winterlicher Temperaturen gut mit Menschen gefüllt. In kleinen Gruppen stehen sie beisammen und unterhalten sich. Zwischen den Wartenden rennen einige Kleinkinder hin und her. Ein paar ältere Damen haben auf ihren Rollatoren platz genommen, andere Leute haben kleine Stühle und Hocker mitgebracht, um die Wartezeit bis zum Einkauf angenehmer zu gestalten.
Diese Szene spielt sich nicht etwa bei der Eröffnung eines neuen Geschäftes oder beim Verkaufsstart neuer Unterhaltungsmedien ab, sondern vor dem Ladenlokal der Calcarer Tafel. Es ist Dienstagmorgen, 9.30 Uhr, eine halbe Stunde bevor die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins damit beginnen, frisches Brot, Obst, Gemüse, Milchprodukte und andere Lebensmittel an bedürftige Menschen auszuteilen. Pro Verkaufstag, dienstags und freitags von 10 bis 11.30 Uhr, kommen 70 Menschen aus dem gesamten Stadtgebiet, die vom Staat Sozialleistungen beziehen oder ein nur ganz geringes Einkommen haben, um sich und ihre Familien mit Lebensmitteln zu
versorgen. Insgesamt 200 Erwachsene und Kinder sind in Kalkar regelmäßig auf die Hilfe der Tafel angewiesen - und es werden immer mehr.
„Es ist ein großer Gewinn, dass wir hier hinkommen können. Denn bei der Tafel bekommen wir Sachen, die wir uns sonst gar nicht erlauben könnten“, sagt Sabine Rölle. Die 45-jährige kommt seit einem Jahr zur Calcarer Tafel, weil sie und ihr Mann aus gesundheitlichen Gründen Frührentner sind. Im Monat bleiben der dreiköpfigen Familie maximal 200 Euro, um Lebensmittel und Hygieneartikel zu kaufen. Frisches Brot oder auch Obst und Gemüse könnten sie sich davon nicht leisten. „Gerade im Winter sind viele Gemüsesorten sehr teuer. Die Tafel ermöglicht es uns, uns trotzdem ausgewogen zu ernähren“, sagt Rölle.
Rölle ist auch begeistert, wie frisch die Waren sind. Es sei kein Unterschied zum Einkauf im normalen Supermarkt zu merken. „Das Obst kann man zwar nicht mehr tagelang liegen lassen, aber die Mitarbeiter aus dem Sortierteam entsorgen verdorbene oder matschige Waren sofort“, sagt Otto Andrae. Der 67-jährige ehemalige Volksbankmitarbeiter engagiert sich bereits seit der Gründung der Calcarer Tafel im Mai 2009 in dem Verein. Genau wie die anderen rund 50 ehrenamtlichen Mitarbeiter steht er an mehreren Tagen in der Woche bereits um 8 Uhr zum Einsatz parat.
Einige sortieren die Waren, andere geben sie aus. Andrae gehört zum 15-köpfigen Fahrerteam. Das holt nicht nur täglich die Lebensmittel von den Supermärkten und Bäckereien der Stadt ab, sondern beliefert auch Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Tafel-Lokal in Altkalkar kommen können. „Er fährt aber auch zu denen, für die es keine geeigneten Busverbindungen gibt“, sagt Rainer Jürgenliemk, der Vorsitzende der Calcarer Tafel. Und so fährt Andrae mit dem vereinseigenen Kühlwagen auch in die entferntesten Stadtgebiete von Kalkar, um die Lebensmittelkisten mit Salat, Kaffee, Brot, Suppen, Joghurt und vielem mehr abzuliefern.
Weil Benzin und Versicherungen sowie die Miete für das Ladenlokal Geld kosten, ist die Calcarer Tafel, die Mitglied im Bundesverband Deutsche Tafeln ist, auf Spenden angewiesen. Denn öffentliche Zuschüsse bekommt sie nicht. „Und der eine Euro, den wir als Kostenbeitrag von jeder hier einkaufenden Familie oder Einzelperson pro Einkauf nehmen, ist eher symbolisch“, sagt der Vorsitzende.
Daher freuten sich die Mitarbeiter auch besonders über die Spende der Volksbank Kleverland. Für die hatte sich Volksbankmitarbeiterin Andrea Peiter eingesetzt, die sich wie Andrae bei der Tafel engagiert. „Das Geld fließt in die Spritkosten“, sagt Andrae. Denn für die Lebensmittel zahlt die Tafel in der Regel nichts. Die werden von regionalen Lebensmittelunternehmen gespendet oder von Supermärkten und Bäckereien abgegeben.