Kleve (RP). Bei der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank stand die Frage: "Integration: Haben wir das im Kleverland geschafft ?" im Mittelpunkt. Auf sozialer Ebene gibt es große Erfolge. Vermittlung in Arbeit ist oft schwierig.
Von Marc Cattelaens
Integration ist eine Langzeitaufgabe
Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland eG
Als 2015 die große Flüchtlingswelle auf Deutschland zurollte, stellte das viele Kommunen vor riesige Herausforderungen. Die Klever Bürgermeisterin Sonja Northing findet: "Wir haben das alle gut gemeistert." Sie betont: "Wir haben sozialen Frieden in unserer Stadt, das ist das wichtigste." Marcel Erps, Fachbereichsleiter Arbeit und Soziales, hatte aktuelle Zahlen zur Zukunftswerkstatt mitgebracht.
Zurzeit sind Kleve 335 Asylbewerber zugewiesen. 630 geflüchtete Personen sind im SGB-II-System. Die Integrationsquote liegt ungefähr bei 20 Prozent", sagt er. Seine Erfahrung ist, dass viele Geflüchtete stark motiviert sind, eine Arbeit zu finden. "Das größte Hemmnis ist nach wie vor die Sprache", sagt Erps.
An der Hochschule hat man reichlich Erfahrung im Umgang mit Menschen aus vielen Nationen. "40 Prozent unserer Studierenden sind international geprägt: 1800 bis 2000 kommen aus Ländern außerhalb der EU", sagt Prof. Georg Hauck. An der Karl-Leisner-Schule ist der Anteil an Ausländern ähnlich hoch. "Von 300 Schüler haben 100 Migrationshintergrund", berichtet Schulleiter Eckhard Breuer. In so genannten Integrationsklassen versuche man, ausländische Schüler fit zu machen. "Es ist schwierig, das mit dem Personal zu schaffen. Das geht nur, wenn auch die Kinder mithelfen. Sie stützen sich gegenseitig. Das ist toll", sagt er. Northing betont: "Die Klever Schulen haben Großartiges geleistet." Aktuell gebe es 700 ausländische Schüler an Klever Schulen. "Dort findet tagtäglich Integration statt", sagt sie.Rainer Borsch, Vorstand des Caritasverbands Kleve, berichtete vom Projekt "Tandem". Dabei stehen Mentoren geflüchteten Jugendlichen zur Seite. "Sie begleiten die jungen Menschen beim Übergang von der Jugendhilfe zum Erwachsenenalter. Das funktioniert sehr gut", sagt Borsch.
Janneke Zoller ist Geschäftsführerin beim Sozialdienst katholischer Frauen. Sie hat festgestellt, dass weibliche Geflüchtete andere Berdarfe als die männlichen haben. "Viele können nicht mal schreiben. Da steht das häusliche Leben im Vordergrund". Vielfach sei die Integration von Mädchen schwieriger. "Sie sind in der Schule sehr fleißig, liefern gute Ergebnisse, aber verabreden sich kaum mit deutschen Mädchen", sagt sie im Blick auf Mündel in Pflegefamilien. Viele Angebote müsste man noch "eine Stufe niedrigschwelliger machen", fordert sie. Ein solches Angebot sei Kochen, sagt Caritas-Chef Borsch. Er findet, dass es noch mehr gemeinsame Kochkurse von Deutschen und Ausländern geben müsse. Sein Verband habe personell in die Sozialberatung investiert. "Der Anteil der Beratungen ist seit 2015 um 50 Prozent gestiegen. Dadurch, dass wir zusätzliche Stellen geschaffen haben, findet aber kein Verdrängungswettbewerb statt, wie es etwa bei der Essener Tafel gewesen sein soll", sagt er.
Ein Problem sei es, angemessenen Wohnraum für alle zu finden, sagt Bürgermeisterin Northing. Man setze zunehmend auf private Vermieter. Deswegen sei man dabei, Hausordnungen in viele Sprachen zu übersetzen. "Die Vermieter können sich die Bausteine heraussuchen, die sie brauchen", erläutert Northing. Die Stadt Kleve kümmere sich intensiv um traumatisierte Flüchtlinge. "Wir haben Asylbewerber im betreuten Wohnen", so die Erste Bürgerin. Um Integration zu schaffen, ist es wichtig, die Menschen in Arbeit zu bringen, waren sich alle einig. Deswegen wolle man nun auf die Unternehmer zugehen, kündigt Marcel Erps an. "Geplant ist ein so genanntes Speed-Dating zwischen Unternehmer und Geflüchteten", sagt er.
Doch Erps ist sich mit seiner Bürgermeisterin einig: Je älter die Menschen sind, desto länger wird Integration in Arbeit dauern. Northing betont: "Integration ist eine Langzeitaugabe."
Quelle des Artikels: Rheinische Post, 20.04.2018