Zukunftswerkstatt

Bei Bauvorhaben gilt: Ruhe bewahren

Steigende Zinsen und hohe Materialpreise: Die Voraussetzungen fürs Bauen sind derzeit nicht gerade günstig.Die Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinische Post erörterte, was derzeit noch möglich ist.

VON MARC CATTELAENS

Bei Bauvorhaben gilt: Ruhe bewahren
Die TeilnehmerInnen (von links): Bettina Keysers, Matthias Grass, Wolfgang Gebing, Stephan Reinders, Frank Rosar, Günther Bergmann, Christiane Behrens und Marc Cattelaens

KLEVE | Dem Thema Wohnungsbau kommt eine immer größere Bedeutung zu. Die Lage ist angespannt: Es fehlen günstige Mietwohnungen, aber auch bezahlbare Häuser und Baugrundstücke für junge Familien. Hinzu kommen die hohen Preise für Material und gestiegene Zinsen, hieß es auf der Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinische Post. Bettina Keysers, Geschäftsführerin der Kreis Kleve Bauverwaltungs GmbH (KKB), analysierte die Lage in Sachen Mietwohnungen: „Wir haben ein relativ großes Angebot für Wohnungen mit Kaltmieten von 9,50 Euro bis 11 Euro pro Quadratmeter. Was fehlt, sind günstige Wohnungen.“ Daran, dass das Angebot geförderten Wohnungsbau steigt, wolle sie mit „ihrer“ KKB arbeiten. „Wir haben zwar erst 56 Einheiten im Bestand, aber bald werden es 120 sein. Bis 2027 wollen wir auf 340 Wohneinheiten kommen“, sagte sie. Das Problem seien die stark gestiegenen Baupreise. „Die sind um 30 Prozent angestiegen. Zu bauen und dann auf Kaltmieten von 5,90 Euro zu kommen, wird schon sehr schwierig“, betonte die KKB-Chefin.

Das bestätigte der CDU-Landtagsabgeordnete Günther Bergmann aus Kalkar: „Am freien Markt kann man die gestiegenen Baukosten auffangen, in dem man eine höhere Miete verlangt. Das geht aber so nicht im gebundenen Wohnungsbau.“ Sorge bereite ihm, dass Menschen mit niedrigen Löhnen inzwischen einen weit höheren Anteil ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen. „Das geht rauf auf 40 Prozent und höher“, sagte Bergmann. Er machte der Bundesregierung einen Vorwurf: „Berlin hat die Förderkulisse zerschlagen. Alle, die mit günstigen KfW-Mitteln gerechnet hatten, standen plötzlich dumm da. Das war blöd, darunter haben auch die Privaten gelitten“, sagte der Landtagsabgeordnete.

Der Klever Bürgermeister Wolfgang Gebing sieht ein Problem auch darin, dass wenig Grundstücke auf den Markt gekommen seien. „Viele Private haben ihre Grundstücke nicht abgegeben, obwohl die Baulandpreise gestiegen sind. Der Grund: Es gibt nur wenig Rendite auf liquides Kapital“, analysierte Gebing. Es sei Aufgabe der Politik, da entgegenzusteuern. „Mit der Grundsteuer C, die ab 2025 eingeführt werden kann, werden höhere Steuern für bebaubare, aber nicht bebaute Grundstücke fällig“, sagte Gebing.

Die gestiegenen Preise auf dem Bau machten auch denjenigen zu schaffen, die bauen wollen, aber mit niedrigeren Preisen kalkuliert hatten. Für Bedburg-Hau hat Bürgermeister Stephan Reinders festgestellt: „Die Grundstücke in unserem Baugebiet Ziegelhütte waren schnell vergeben. Es gab deutlich mehr Bewerbungen als Angebote. Wir haben eigentlich die Auflage gegeben, innerhalb von zwei Jahren bezugsfertig zu bauen. Jetzt kommen wir einigen Bauherren entgegen und verlängern die Frist um ein halbes oder ein Jahr“, sagte Reinders. Dass Bauwillige ihr Grundstück zurückgeben wollen, weil sie sich das Bauen nicht mehr leisten können, sei bislang aber nicht zu verzeichnen gewesen.

Christiane Behrens, Geschäftsführerin der Reppco Architekten GmbH, räumt ein, dass es derzeit schwierig sei, Bauherren zu beraten. „Wir stellen fest, dass Leistungen viel früher bestellt werden als früher. Man ist noch nicht im Rohbau, da werden die Fenster bestellt. Dafür braucht man aber eine Lagerhaltung, meist in Form von Container, die Platz benötigt. Hier auf dem Land ist das zum Glück in der Regel möglich“, sagt sie. Ihr Plädoyer lautet: Ruhe bewahren! Das heißt auch, dass sich Bauwillige überlegen sollten, ob sie wirklich ein großes Einfamilienhaus benötigen. „Für ganz viele Menschen kann ein Reihenhaus eine bessere Lösung sein“, sagt Berens. Ein frei stehendes Einfamilienhaus sei derzeit – ohne Grundstückskosten – eigentlich nicht für unter 400.000 Euro zu bauen. Mit einem Reihenhaus könne man viel Geld sparen, etwa durch eine zentrale Heizungsanlage.

Zurück zu den Mietwohnungen: Hier sieht Bettina Keysers den größten Bedarf bei Kleinstwohnungen für eine Person oder Alleinerziehende, die eine Wohnung mit ein bis drei Räumen suchen. Bürgermeister Gebing schlägt eine Art Ringtausch vor. „Durch eine vernünftige Quartierarbeit könnten ältere Menschen dazu bewegt werden, von einem großen Haus oder einer größeren Wohnung in eine kleine Wohnung in der Nähe umzuziehen“. Dadurch werde Wohnraum für Familien frei.