Die Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinischer Post stellte die Fragen, ob die Sportvereine durch die Sportzentren ihre Identität verlieren und wie der Stand der Baumaßnahmen derzeit ist.
Zukunftswerkstatt
Die Zukunft der Klever Sportvereine
Rheinische Post vom 04.03.2024
Von Matthias Grass
KLEVE | Stephan Siebers, Vorsitzender des 720 Mitglieder starken Sportvereins Siegfried Materborn, wird am Ende des Jahres eine Kerze anzünden. Eine Kerze zum Dank, dass endlich Diskussion, Planung und schließlich Bauvorhaben zu Ende gehen, über die Politik, Verwaltung und die Sportvereine mehr als zehn Jahre lang diskutiert haben. Ende 2024 soll mit Fertigstellung des Vereinshauses das Sportzentrum Oberstadt auf dem Gelände der ehemaligen Siegfried-Kampfbahn komplett sein. Dann wird die Stadt Kleve hier knapp acht Millionen Euro (1,8 für die Sportanlagen und rund 5,77 Millionen für das Vereinshaus) investiert haben. Das Sportzentrum Oberstadt ist eines der drei in Bau oder in Planung befindlichen Anlagen.
Dass das Zentrum Oberstadt bald fertig ist, verkündete Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing gleich zu Beginn der Zukunftswerkstatt der Volksbank Kleverland und der Rheinischen Post. Es ging um die Fragen: „Klever Sportzentren: Verlieren Sportvereine ihre Identität? Spart die Stadt so Mittel? Und wie ist die Situation der Sportzentren?“ Auch das Sportzentrum Unterstadt solle, was die Außenanlagen betreffe, fast fertig sein. Sobald das Gras auf dem neuen Rasenplatz angewachsen sei, werde die Anlage freigegeben. Das acht Millionen Euro teure Multifunktionsgebäude im Sportzentrum Unterstadt stehe allerdings in Wartestellung: Bund und Land haben die Fördermittel gestrichen. Gebing zeigte sich optimistisch, dass es mittelfristig wieder Mittel zur Förderung des Sports von Land und Bund geben werde. Damit es bis dahin Umkleide- und Sanitäranlagen gibt, soll jetzt der Umbau des Platzhauses beginnen. Denn durch eine Nutzungsvereinbarung ist das Eigentum an den Gebäuden auf die Stadt übergegangen. Nun soll das Gebäudemanagement die notwendigen Arbeiten prüfen, um die Umkleidesituation zu verbessern. Am Bresserberg schreiten indes die Planungen für die Tartan-Bahn voran und man warte auf die Oberfinanzdirektion, dass die Mittel für die Fertigstellung der Tribüne mit Gymnastikräumen, Umkleiden und Toiletten freigegeben werden.
Freud und Leid der Vereine liegen bei den Sportzentren eng beieinander. Christian Nitsch, Vorsitzender VfR Warbeyen, und Christoph Thyssen, Vorsitzender 1. FC Kleve, haben das Gefühl, dass Stadt und Politik ihre Vereine im Regen stehen lassen – bei der Vergabe der Trainings-Zeiten auf den Plätzen, bei den Verhandlungen um die Verlängerung der Pachtverträge und bei der Förderung des Spitzensports bei Damen und Herren durch genügend Trainingsmöglichkeiten. Zwiespältig blickt auch Stefan Eerden, Vorsitzender des SSV Reichswalde (400 Mitglieder), aufs Sportzentrum Oberstadt: Das Training auf dem Kunstrasenplatz in Materborn sei „charmant“, aber der Verein fürchte um seine Identität in Reichswalde, um die traditionellen Treffpunkte an Sportplatz, Vereinshaus und Grillhütte.
Befürchtungen, die Gebing in der Runde nur zum Teil zerstreuen konnte. Zwar machte er deutlich, wie hoch die Stadt die Arbeit der Sportvereine für das Leben der Bürger in den Ortschaften bewerte, und sicherte Eerden zu, man sei bemüht, Treffpunkte in Reichswalde wie in allen anderen Ortschaften zu erhalten. Für Verunsicherung vor allem bei Nitsch und Thyssen sorgte allerdings seine Erklärung, dass der Klever Rat noch einmal über den Kunstrasenplatz im Gustav-Hoffmann-Stadion diskutieren müsse, zumal dort dann ja keine komplette Leichtathletik (beispielsweise Speerwurf) mehr möglich sei. Nitsch und Thyssen warfen Gebing vor, dass das alles bereits diskutiert worden sei, man sich bewusst für den Fußball und einen Kunstrasenplatz entschieden und einen entsprechenden Ratsbeschluss habe. „Nur mit diesem Kunstrasenplatz gibt es ausreichend Trainingszeiten für alle Mannschaften in Kleve“, so Thyssen und Nitsch unisono.
Nitsch beklagte zudem, dass es der Stadt bis jetzt nicht gelinge, die Trainings-Zeiten gerecht auch mit Blick auf den Spitzensport der Damen- und Mädchenmannschaften des VfR Warbeyen zu verteilen. Außerdem kollidierten die Heimspiele seiner Regionalliga-Frauen-Mannschaft im Stadion mit denen des Herren-Oberligisten 1. FC Kleve. Dem hielt Christian Schoofs, Fachbereichsleiter Schule Kultur und Sport, entgegen, dass der VfR noch nicht alle Unterlagen geliefert habe, damit die Stadt die Voraussetzungen richtig bewerten könne. Zudem unterstrich Schoofs, dass die Stadt in der Diskussion über die Trainingszeiten auf den Plätzen immer und grundsätzlich zu Gesprächen bereit sei. Neuenfeldt warf ein, dass der neue Rasenplatz im Zentrum Unterstadt bald eine weitere Option sei.
So ist das mit dem Freud und Leid auf den Klever Spielstätten: Stephan Siebers von Siegfried Materborn schwärmt von den neuen Plätzen und davon, dass es einen „Hügel der Leiden“ fürs Training erst wieder in Mönchengladbach gebe. Auch der VfL-Merkur-Vorsitzende Helmut Tripp berichte von den Footballern: Sie wollen nicht einmal mehr an den alten Platz denken, mit den neuen Außenanlagen sei man zufrieden. In der inzwischen fertiggestellten Halle der Spyckschule habe der Verein mit rund 1000 Mitgliedern auch Zeiten bekommen, sodass man die Zeit bis zur Fertigstellung eines Multifunktionsgebäudes mit neuen Umkleiden und Gymnastikräumen überbrücken könne, so Tripp. Gebing verwies mit Blick auf den Hallensport darauf, dass es mit Fertigstellung des Konrad-Adenauer-Gymnasiums an der Riswicker Straße eine weitere Dreifachsporthalle geben werde. Gerd-Udo Neuenfeldt, Vorsitzender von BV/DJK Kellen, lobte die neue Anlage zwischen Van-den-Bergh-Straße und Klever Ring ebenso.
Ein heißes Eisen ist die Diskussion um die Verlängerung der Pachtverträge: Während sich hier Eerden und Siebers gut aufgehoben fühlen, kritisiert Thyssen die Verlässlichkeit der Stadt gegenüber seinem Verein vor allem, was die Nutzung des Stadions betreffe. Um unabhängig von der Stadt zu sein, habe der Verein selbst eine (inklusive Förderungen) siebenstellige Summe in die Hand genommen, um eigene Kabinen zu bauen. Der Bau stehe jetzt in der Fertigstellung, so Thyssen. Wenn dann irgendwann einmal die Kabinen in der Tribüne zur Verfügung stünden, sollten diese bei den Spielen auch genutzt werden, so Thyssen. Bei der Tribüne kann die Stadt aber erst mit dem Bau beginnen, wenn die OFD ihr Häkchen gesetzt hat. Ein vorzeitiger Baubeginn wäre förderschädlich, so Schoofs und Gebing. Nitsch und Thyssen plädierten mit Blick auf die Tribüne dafür, nochmals über die Planung der Gymnasitikräume oben und die Behindertentoilette zu sprechen.
Letztlich, so Schoofs und Gebing, gelte es nicht, mit der Schaffung der Sportzentren Geld zu sparen. Vielmehr solle gebündelt werden, um hier optimale Sportangebote zu bieten, und die Vereine, die die Anlagen nutzen, zu entlasten.