Früh Angebote für Jugendliche schaffen

Zukunftswerkstatt Kleve
Matthias Grass, Joachim Schmidt, Falko van den Bruck, Bettina Trenckmann, Frank Ruffing, Sonja Nothing, Marc Cattelaens, Janneke Zoller und Willbrord Haas (von link) stellten sich zu Beginn der Zukunftswerkstatt für den Fotograf auf. (RP-Foto: Gottfried Evers)

Kleve Die Ausgaben für die Bereiche Soziales sowie Jugend und Familie steigen und steigen. Kleves Kämmerer Willibrord Haas hatte zur Zukunftswerkstatt Zahlen aus dem städtischen Haushalt mitgebracht: Bei einem Gesamtetat von 116,2 Millionen Euro fließen in diesem Jahr 8,4 Millionen in den Fachbereich Arbeit und Soziales und 23,4 Millionen Euro in den Fachbereich Jugend und Familie. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 hatte der Fachbereich Arbeit und Soziales noch 5,8 Millionen Euro
erhalten und der Fachbereich Jugend und Familie 16,9 Millionen Euro. „Wir sprechen von einer Steigerung um 45 Prozent, beziehungsweise um 38 Prozent. Zum Vergleich: Der Gesamthaushalt ist in den fünf Jahren lediglich um 15 Prozent gestiegen“, sagte Haas.

Viele Posten seien nicht zu ersetzen, betonte der Kämmerer. „Wir haben im Ausschuss beispielsweise vorgeschlagen, die Schulsozialarbeit um ein Jahr zu verlängern. Dafür muss man andere Ausgaben zurückfahren“, so Haas. Sonja Northing, Leiterin des Fachbereichs Arbeit und Soziales, sagte, dass präventive Angebote für junge Menschen der Schlüssel zum Erfolg seien. „Nur so kann es gelingen, hohe Folgekosten zu vermeiden“, so Northing. In Kleve sei man da auf einem guten Weg. Zwei geschulte Fallmanager kümmern sich um Jugendliche im Alter ab 15 Jahren. „Sie sprechen mit ihnen die Zukunft durch, loten Jobmöglichkeiten aus“, sagte Northing.

Joachim Schmidt, Geschäftsführer des Caritasverbands Kleve, verwies auf ständig steigende Beratungszahlen in seinem Haus. „Pro Jahr haben wir 1200 Klienten in der Erziehungsberatung, 1000 in der Suchtberatung und 800 in der Schuldnerberatung“, berichtete Schmidt. Weil die Arbeitskapazität der Mitarbeiter inzwischen erschöpft sei, steige man verstärkt auf Gruppenangebote um. Trotz der vielen Präventivangebote hätte sich aber auch die Zahl der Heimunterbringungen von Jugendlichen gesteigert. Das bestätigte Haas: „Wir bezahlen 4,5 Millionen Euro pro Jahr für die Heimunterbringung. Die 79 in Heimen untergebrachten Kinder bleiben dort im Durchschnitt 12,8 Jahre.“

Die stationäre Unterbringung von Jugendlichen sei zwar „unheimlich teuer“, betonte Falko van den Bruck, Leiter SOS Kinderdorf Niederrhein, „aber wenn wir das nicht machen, läuft alles aus dem Ruder.“ Beim SOS Kinderdorf seien 500 Jugendliche in unterschiedlichen Programmen, 80 davon würden fit für eine Ausbildung gemacht. In einigen Kinderdörfern sei man dabei, das Projekt „frühe Hilfen“ umzusetzen. Dabei will das SOS Kinderdorf „jungen Eltern“ bei der Beantwortung ihrer Fragen rund um das Thema Baby und Kleinkind helfen. Das Angebot sei niedrigschwellig und kostenlos.

Bettina Trenckmann Vorsitzende des Awo Kreisverbands Kleve, erläuterte das ganz ähnliche Awo-Projekt „Ahoi“. Junge Eltern in schwierigen Lebenslagen erhalten dabei innerhalb von 24 Stunden Hilfe. „Dieses Projekt hat schon viele Kinder vor der Heimunterbringung bewahrt“, sagte Trenckmann. Kämmerer Haas verwies auf die Lenkungsgruppe „frühe Hilfen“ der Stadt Kleve, die versuche, solche Projekt zu steuern.

Janneke Zoller, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen im Kreis Kleve: „Für viele Mädchen ist die einzige Perspektive die Schwangerschaft. Hier sind auch die Unternehmer gefragt, diesen Mädchen Praktikumsplätze oder feste Stellen zu bieten. Hierfür sollte man den Firmen stärker finanzielle Anreize bieten“, forderte Zoller. Außerdem forderte sie mehr bezahlbaren Wohnraum in Kleve.