Was beinhaltet der neue Masterplan für die Entwicklung der Klever Unterstadt? Diese Frage diskutierten Experten bei der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland. Es kamen spannende Vorschläge.
Zukunftswerkstatt
Hackesche Höfe bald auch in Kleve?
VON MARC CATTELAENS
KLEVE | Die Kreisstadt wächst. Rund um den Klever Bahnhof liegen große Areale, die bald für Wohnungsbau, aber auch für die Ansiedlung von Gewerbe erschlossen werden sollen. Auch das Dorsemagen-Gelände bietet Entwicklungspotenzial, sobald die Holzhandlung den Standort verlässt und an den Klever Ring zieht. Nun stellte die Stadt einen „Masterplan“ vor, der vor allem eine Darstellung des Status Quo referierte und in groben Zügen die Ziele für die einzelnen Stadteilbereiche festlegte, vor allem aber künftige Erschließungsstrukturen aufzeite. Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt diskutierten die Einzelheiten und brachten Vorschläge für die Gestaltung des Bereichs ein.
Dennis Brüggemeier, Geschäftsführer der gleichnamigen Edeka-Supermärkte, wünscht sich, dass die zu errichtende Wohnbebauung mit Cafés ergänzt wird. „Starbucks“ oder ein „Café Extrablatt“ würden gut hierhin passen, findet der Händler. Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer sprach von „großen Entwicklungspotenzialen“, die sich in der Klever Unterstadt „erfreulicherweise bieten“. Dabei dürfe auch der Minoritenplatz nicht vergessen werden. „Da laufen Gespräche, dass das Thema Minoritenplatz wieder aufgegriffen wird“, sagte er, Das alte Produktionsgebäude der Margarine Union liege derzeit im „Dornröschenschlaf“; „aber da gibt es schon Ideen“, deutete er an. In einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren würde man gerne das Zwanziger-Gelände rund um die Holzhandlung Dorsemagen entwickeln. Dann gebe es das Gelände der ehemaligen Autoverwertung Bettray und auch Flächen auf der anderen Seite der Bahnlinie, die mittelfristig bebaut werden könnten.
Projektentwickler Clemens Wilmsen mahnte an, dass man bei aller geplanten Bautätigkeit das Gestalterische nicht vergessen dürfe. „Ich vermisse in Kleve schöne Architektur. Dafür bräuchte man einen Masterplan“, sagte Wilmsen. Er warb für ein internationales Architektenbüro, das plane, wie man die Unterstadt entwickeln kann. „Das kann ein paar 100.000 Euro kosten, aber es kann sich bezahlt machen. Kleve war früher mal eine echte Perle“, erinnert der Investor.
In diese Kerbe schlug gleich Rainer Hoymann, Vorsitzender des Klevischen Vereins für Kultur und Geschichte, ein. Er präsentierte speziell für das Dorsemagen-Gelände folgende Idee: Dort könnte ein Mischgebiet nach dem Vorbild der Hackeschen Höfe in Berlin entstehen. In der Mitte der Bundeshauptstadt bilden historische Gebäudeensemble mit Jugendstil-Fassaden zusammen hübsche kleine Hinterhöfe, die eine Mischung aus Geschäften, Kultur und Nachtleben bieten. „Durch die Gewerbeeinnahmen könnte man die Wohnungen subventionieren“, meinte Hoymann. Autos sollten auf dem Areal verboten werden, schlug er weiter vor. Und auch für den Minoritenplatz hatte Hoymann eine Idee im Köcher: Drumherum sieht der Vereinsvorsitzende kleinteilige Bebauung, in der Mitte einen großen Platz, darauf ein großes Gebäude nach dem Vorbild des Kulturzentrums Rozet in Arnheim. Dieses zeichnet sich durch sandfarbene Betonelemente mit Reliefs und Rosetten aus. Auf Kleve adaptiert sieht Hoymann in dem Gebäude die Volkshochschule untergebracht, auch die Stadtbibliothek, der Ratssaal und Räume für den Kulturverein Mifgash könnten dort unterkommen, auf dem Dach ein Café, schlug Hoymann vor.
Bürgermeister Wolfgang Gebing mahnte sogleich, „die Kirche im Dorf zu lassen“, sprich, mit Blick auf die Finanzen und die Einwohnerzahl Kleves nicht zu groß zu denken. „Da kämen hohe Millionensummen auf die Stadt zu. In Berlin leben 20.000 Menschen allein in den Hackeschen Höfen. Für Kleve müsste man das deutlich verkleinern.“ Grundsätzlich finde er den Vorschlag nach dem Vorbild der Hackschen Höfe aber nicht schlecht, so der Bürgermeister.
Rauer betonte, dass er in Richtung Bahnhof keine Konkurrenz für die Nahversorgung wolle. „Im Einzelhandel sind wir gut versorgt. Was wir in Kleve noch benötigen, ist ein Möbelhaus“, sagte der Technische Beigeordnete.
Sprung zum Bereich Bahnhof/Post-Bettray-Gelände: Bürgermeister Gebing erläuterte, dass dort eine Mischung von Wohnen und Gewerbe gewollt sei. Allerdings mit klarer Trennlinie: Rund um das Bettray-Gelände, bis auf Höhe der Autovermietung Hannen, sollen Wohnungen entstehen, angrenzend soll sich Gewerbe ansiedeln.
Projektentwickler Clemens Wilmsen sprach das Gelände an, auf dem sich derzeit der Wohnmobil-Stellplatz gegenüber dem Bahnhof auf der anderen Gleisseite befindet. Dort sieht Wilmsen eine mehrgeschossige Bebauung, gerne auch mit Holzhäusern. Wilmsen brachte die Idee einer Überführung ins Spiel. Diese könnte rechts neben dem Bahnhof errichtet werden. Dort besitzt die Baumann & Wilmsen GbR noch ein freies Grundstück, auf dem sie ein Gebäude errichten könnte. Wilmsens Vorschlag: Die Stadt Kleve verkauft an die GbR ein weiteres Grundstück genau auf der anderen Seite der Gleise, auf dem die GbR ein Gebäude errichten könnte. Dafür würde die GbR eine Überführung mitsamt Aufzug bauen, die beide Gebäude extern verbindet, die aber auch von der Öffentlichkeit genutzt werden könnte. So könnten etwa auch Schüler mit ihren Fahrrädern zum geplanten Neubau des Konrad-Adenauer-Gymnasiums gelangen.
Fazit: Ideen für die Gestaltung der Unterstadt und des Bahnhofsbereich gibt es viele. Stadt und Politik müssen nun überlegen, ob und wie sie sich in den Masterplan integrieren und umsetzen lassen.
Von Marc Cattelaens