Internet und Outlets bereiten Ladenbesitzern in der City Konkurrenz. Die Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland ging der Frage nach, ob Kleve und Kalkar sich langfristig als Einkaufsstadt halten können.
VON MARC CATTELAENS
Internet und Outlets bereiten Ladenbesitzern in der City Konkurrenz. Die Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland ging der Frage nach, ob Kleve und Kalkar sich langfristig als Einkaufsstadt halten können.
VON MARC CATTELAENS
KLEVE Nach Kalkar kommt man gerne – wenn man gut essen oder historische Gebäude sehen will. Aber zum Einkaufen zieht es kaum jemanden in die Nicolaistadt. Das weiß auch Bürgermeisterin Britta Schulz: „Wir haben nur zwei kleine Straßen, in denen es eine nennenswerte Anzahl von Geschäften gibt. Kalkar ist bekannt für seine Gastronomie und den mittelalterlichen Stadtkern. Aber kaufen Besucher von außerhalb hier auch etwas? Das ist meist nicht mehr so“, sagt Kalkars erste Bürgerin.
Jakob Lempp, Professor für Politik an der Hochschule Rhein-Waal, sieht Kalkar mit seinen Problemen in guter Gesellschaft. „Die Kombination aus kleiner Stadt, Einzelhandel und 1-B-Lagen birgt gleich drei Probleme auf einmal. Für lokale Händler wird sich vieles noch verschlimmern. Das Internet ist einfach billiger“, sagt Lempp und bescheinigt dem lokalen Einzelhandel damit eine ziemlich düstere Prognose.
Gibt es denn nichts, das man tun könnte, um als Händler vor Ort zu überleben. „Doch“, sagt Lempp, „die Händler müssen kooperieren, an einem Strang ziehen. Die Händlervereinigung Klever Citynetzwerk ist dafür ein gutes Beispiel“. Außerdem sei „der Trend zu regionalen Produkten, zum Händler, den man kennt, ein Hoffnungsschimmer“.
Britta Schulz gibt zu bedenken, dass manche Kommunen nur schwer miteinander zu vergleichen seien. „Wenn es in in der Monrestraße fünf Leerstände gibt, dann ist Kalkar tot. Kleve kann so etwas hingegen locker verkraften“, betont Schulz. Die Schwanenstadt könne sich glücklich schätzen, dass sie wegen der Grenznähe bei Niederländern so beliebt ist. Die Kalkarer müssten ehrlich sein, findet Schulz: „Die Monrestraße ist jetzt schon keine richtige Einkaufstraße mehr. Dazu muss man stehen und eine Entscheidung treffen: Was tun wir jetzt?“ Eine Lösung könne es sein, Geschäfts- in Wohnräume umzuwandeln. Schulz: „Besser Leben als Tod.“
Susanne Rexing, Inhaberin des gleichnamigen Einrichtungshauses an der Kavarinerstraße, betont, dass eine gute Lage zugleich immer wichtiger und seltener werde. „In Kleve gibt es eine 1-A-Lage nur auf der Großen Straße vom Klosterplatz bis zur Neuen Mitte.“ Seit der Parkplatz vor ihrem Geschäft weggefallen sei, habe sie 70 Prozent weniger Kunden. Sie findet: „Die Bequemlichkeit des Internets ist unser größte Feind. Die Menschen haben keine Bedürfnisse mehr.“
Andreas Henseler, Leiter der Zweigstelle Kleve der Industrie- und Handelskammer (IHK), gibt den Kommunen diesen Rat: „Stärken Sie ihre Innenstadtlagen. Halten Sie ihre Einzelhandelskonzepte aktuell. Lassen Sie es nicht zu, dass Outlet-Center direkt neben der Fußgängerzone entstehen.“ Individuallösungen seien gefragt. „Kalkar ist da ein gutes Beispiel mit seiner erlebbaren Stadtgeschichte und der Gastronomie“, findet Henseler.
Für Nina Kiesow, Inhaberin des gleichnamigen Klever Taschen- und Lederwarengeschäfts, ist auch die Stadt Xanten ein positives Beispiel. „Dort gibt es Sehenswürdigkeiten und viele gute Restaurants.“
Auch Susanne Oster-Friedrichsen, Inhaberin der Goldschmiede Silberstreif in Kalkar, findet, dass ihre Stadt für Besucher attraktiv sei – „bis auf das Unkraut, das an vielen Stellen wuchert“. Eine Kundenbefragung, die sie über zwei Jahre durchgeführt hatte, ergab, dass ihre Kunden zur Hälfte von außerhalb, etwa aus Emmerich, Goch und Kleve, kommen. Sie kritisiert, dass Vermieter oft zu unflexibel seien. „Ich musste alles auf eigene Kosten renovieren“, sagt sie.
Jakob Lempp ist sich sicher: „Die Kurve des Internets geht nach oben. Dieser Trend bleibt. Die 1-B-Lagen werden sterben, manche 1-A-Lagen auch. Selbst wenn manche Einkaufsstadt-Konzepte nicht aufgehen werden – die Notwendigkeit, sich etwas zu überlegen, auch in Sachen Marketing, steigt.“
Susanne Rexing pflichtet ihm bei und betont, dass das auch für die Architektur der Innenstädte gelten müsse. „Wir brauchen mehr Gebäude wie etwa das Spoypalais von Willy Verhuven.“
Ein Patentrezept gegen das Sterben der Innenstädte hatte zwar keiner der Diskussionsteilnehmer, doch auf eines konnten sich alle einigen: Eine Mischung aus individuellen Geschäften, schönen Häusern und Erlebnis-Angeboten macht Städte reizvoll.