Eben noch Student, jetzt bereits Geschäftsführer eines Unternehmens. Immer mehr Absolventen der Hochschule Rhein-Waal betätigen sich als Existenzgründer und setzen die Forschung in die Tat um. Das wurde bei der jüngsten Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland deutlich.
Claudio Abels hat eine solche Karriere hingelegt. Er war einer der ersten Absolventen der noch jungen Hochschule Rhein-Waal. Inzwischen hat er sich sich promoviert, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Technologie und Bionik und erfolgreicher Ausgründer. Im Frühjahr soll seine Firma, wahrscheinlich in Kamp-Lintfort, an den Start gehen. Abels hat winzige Strömungssensoren, etwa 20 mal kleiner als ein menschliches Haar, entwickelt. Damit kann man messen, wie Wasser oder Gase über Oberflächen fließen. Typische Anwendungsgebiete sieht Abels in der Medizin, etwa beim Blutflussmessen bei der Dialyse. „Unsere Technik kann auch eingesetzt werden, um Luft-Verwirbelungen in Klimaanlagen zu eliminieren oder um Spritzguss-Werkzeuge zu analysieren und zu verbessern“, sagt Abels.
Stefan Finke, Geschäftsführer des Fördervereins Hochschule Rhein-Waal, hat Abels’ persönliche Entwicklung aufmerksam mitverfolgt. „Das ist eine Erfolgsgeschichte der Hochschule Rhein-Waal. Ein vielversprechender Wissenschaftler, der zum Unternehmer geworden ist, konnte in der Region gehalten werden“, betont Finke. Vielversprechend ist auch der Werdegang von Liza Psotta. Die Studentin der Bionik beschäftigt sich gerade mit ihrer Masterarbeit, peilt ebenfalls eine Promotion an. Sie hat eigentlich auf Lehramt studiert, will aber keine Lehrerin werden, sondern sich der Wissenschaft verschreiben. Ihre Mission: Sie will Bionik und Musikpädagogik verbinden, Konzepte für den interdisziplinären Unterricht erarbeiten. Diese sollen später im Unterricht an den Schulen Anwendung finden.
Ihre Kommilitonin Leen Nijm ist Sprecherin des RoboBoot-Teams der Hochschule Rhein-Waal. Sie beschäftigt sich derzeit mit einem vielversprechenden Projekt: Ein Boot, das autonom auf dem Wasser fährt und dabei das Verhalten von Fischen untersuchen kann, ohne diese zu stören. „Das Thema autonomes Fahren auf dem Wasser ist top aktuell“, betont Wiliam Megill, Professor für Bionik an der Hochschule Rhein-Waal. Weltweit seien Firmen und Institute an solchen Konzepten interessiert.
Ein weiteres vielversprechendes Projekt ist das von Abir Bhattacharyya. Der Student der Bionik und ist Ausgründer einer IT/Robotik-Firma. Er hat einen Algorithmus entwickelt, der es ermöglicht, mit einer Drohne Bäume zu zählen sowie zu kategorisieren und dabei sogar Baumschäden zu erkennen. „Das ist die Zukunft“, sagt Bhattacharyya. Seine Zielgruppe sind Förster, deren Arbeit sich dadurch enorm erleichtern könnte. Bhattacharyya schreibt derzeit an seiner Masterarbeit; ab Dezember will er auf die Suche nach Investoren für sein Produkt gehen. Peter Wack, 1. Vorsitzender des Fördervereins der Hochschule Rhein-Waal - Campus Cleve, findet, dass der Förderverein sich künftig noch stärker um die aus der Hochschule entstehenden Start ups kümmern könnte.
Die Ansätze der jungen Forscher sind vielversprechend. „Sie sind auch durchaus interessant für die Firmen in der Region. Das sollte man jedoch viel stärker nach außen tragen“, findet Kreis-Wirtschaftsförderer Hans-Josef Kuypers. Bestätigung kommt von Prof. Megill: „Wir reden zu wenig über unsere Erfolge und über Kooperationen mit Firmen.“ Auch Finke stimmt zu. „Wenn die Hochschule nur wüsste, was die Hochschule schon alles macht“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Eine, die das Kommunizieren der Erfolge übernehmen könnte, ist Joelle Windmoeller. Die Studentin der Wissenschaftskommunikation und Bionik ist gleichzeitig Captain des Kommunikationsteams der Hochschul-Gruppe Enspire. Megill betont, dass eine der Aufgaben von Enspire auch sein sollte, jetzt auf die Firmen vor Ort zuzugehen. „Wir stehen bereit, die Anfragen der lokalen Unternehmen zu bedienen“, sagt er.
VON MARC CATTELAENS