Klimawandel bedroht den Reichswald

Kleve Alles spricht vom Klimawandel. Doch gibt es ihn wirklich, auch in Kleve? Joachim Böhmer, Revierförster im Reichswald, hat diese Frage für sich längst mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet. Und er handelt danach. Die Folgen kann bereits jeder aufmerksame Waldspaziergänger sehen.

„Es gab in den zurückliegenden Jahren weniger Regen in der Hauptvegetationszeit und mehr Regen im Winter als üblich. Die Zahl und Heftigkeit der Stürme hat zugenommen. Das alles wirkt sich auf den hiesigen Baumbestand aus“, sagt Böhmer. Die Konsequenz: Der Revierförster pflanzt beispielsweise keine Fichten mehr an (Böhmer: „Die sind flachgründig und brauchen viel Wasser“). Auch die Buche sei im Reichswald auf dem Rückmarsch. „Traubeneichen, Esskastanien, Birken und
Douglasien könnten die Standorte der Buchen übernehmen. Wir machen den Wald jetzt fit für die Herausforderungen des Klimawandels“, sagt Böhmer. Ein Problem, dem er nicht Herr werden kann, sieht Böhmer in droheneden Hochwasserereignissen. „Wenn der Wald am Ober- und Mittelrhein den Starkregen nicht mehr halten kann, haben wir hier Hochwasser“, betont Böhmer.

Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve, ist sich mit dem Klimawandel dagegen nicht so sicher. „Die jährliche Regenmenge liegt im Kreis Kleve relativ konstant bei 720 Millimetern pro Jahr. Klimawandel muss man weltweit betrachten. Am Niederrhein ist das nicht so dramatisch“, findet Peters. Hubert Reyers, Landwirt und Hobby-Meteorologe aus Kleve, gibt zu Bedenken, dass zwar die Regenmenge in der Region gleich geblieben sei, sich die Niederschläge jedoch anders verteilten als früher. „Wetterextreme häufen sich. Starkregenereignisse nehmen zu. Das ist eindeutig zu beobachten“, betont Reyers. Auch sei in den vergangenen 30 Jahren in
Nordrhein-Westfalen ein Temperaturanstieg von einem bis 1,5 Grad Celsius zu verzeichnen gewesen.

Jürgen Rauer als Technischer Beigeordneter der Stadt Kleve und Rolf Janssen als Chef der  städtischen Umweltbetriebe sehen sich durch den Klimawandel vor Herausforderungen gestellt, was die Straßenbäume anbelangt. „Wir müssen die Stadt langfristig anders bepflanzen. Weil es wärmer wird, brauchen wir Bäume, die viel Schatten spenden und gleichzeitig wenig Laub abwerfen“, sagt Rauer. Janssen verzeichnet einen höheren Unterhaltungsaufwand: Gras müsse öfter gemäht werden. Schnee läge manchmal noch bis Ostern. Platanen und Rosskastanien würden durch Schädlinge befallen, die es bei niedrigeren Durchschnittstemperaturen früher hier nicht gegeben habe. Und es gibt noch ein Problem: Fällt sehr viel Regen in kurzer Zeit, kommen die städtischen Abwasserkanäle an ihre Grenzen. „Vielleich muss man irgendwann mal darüber nachdenken, die Kanäle zu vergrößern“, sagt Janssen.

Jens Gerlach, Vertriebsbeauftragter bei der R+V Versicherung, sieht im Klimawandel zwar kein niederrheinisches Phänomen, berichtete aber, dass die Versicherungen auch hier in der Region höhere Schadensaufwendungen hätten. „Diese Geld holen sich die Versicherungen bei den Kunden durch höhere Prämien zurück“, sagte Gerlach.

Auch der der Bürgermeister der Stadt Kleve, Theo Brauer sieht einen Trend zu Wetterextremen am Niederrhein. „Im vergangenen Jahr war der Winter so mild, dass wir fast kein Salz streuen mussten. In anderen Jahren fiel so viel Schnee, dass fast kein Salz mehr da war. Brauer sieht Kleve jedoch auch durch Projekte wie die drei städtischen Klimaschutzsiedlungen gut für die Herausforderungen des Klimawandels gerüstet.