Kulturen treffen in Kleve aufeinander

„Internationale Hochschule - internationale Stadt? Gelingt es Kleve, diese Herausforderung zu meistern?“ Unter dieser Fragestellung stand die Zukunftswerkstatt der Rheinischen Post und der Volksbank Kleverland. Fazit fällt gemischt aus.

Die Teilnehmer an der Zukunftswerkstatt Kleve. RP-Foto: Gottfried Evers
Die Teilnehmer an der Zukunftswerkstatt Kleve. RP-Foto: Gottfried Evers

Kleve Für Bürgermeister Theo Brauer stellt sich die Frage, ob Kleve international aufgestellt ist, erst gar nicht. „In unserer Geschichte hat Internationalität immer eine große Rolle gespielt. Heute
leben hier 3000 Niederländer und 1500 Polen. Die Euregio Rhein-Wall hat hier ihren Sitz. Und die niederländische Mentalität hat in Kleve einen starken Einfluss“, sagte Brauer. Dass seit einigen
Jahren nun auch die Hochschule Rhein-Waal hier ansässig ist, lasse auch den letzten Zweifler verstummen. Brauer: „Die Ansiedlung der Hochschule war eine Jahrhundert-Entscheidung und der
Startschuss für noch mehr Internationalität in Kleve.“

Dr. Wolf-Eberhard Reiff, Bereichsleiter Bildung und Technologie bei der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer, findet, dass „in Kleve eine Willkommenskultur nach außen getragen
wird“. Für die Hochschule Rhein-Waal wünsche er sich, dass noch mehr Professoren aus dem Ausland eine Anstellung oder Gastprofessur dort finden würden. „In Kleve müssen auch mehr
internationale Kongresse stattfinden“, sagte Reiff.

Prof. Peter Scholz sieht Reiffs erste Forderung bereits erfüllt. „Internationalität ist ein Querschnittsthema bei uns. An der Hochschule Rhein-Waal sind überdurchschnittlich viele ausländische Lehrende. Wir können Internationalität allerdings nicht als einsame Insel verankern. Das Drumherum muss mitmachen“, sagte Scholz. Der Vizepräsident für Forschung an der Hochschule
Rhein-Waal (HRW) nannte die größten Studierenden-Gruppen nach ihrer Herkunft: 193 Chinesen, 188 Bangladeshi, 177 Inder, 144 Pakistani und 124 Nepalesen. Interessanterweise seien aus
den Niederlande gerade einmal 17 Studierende an der HRW eingestiegen - eine Zahl die ausbaufähig sei. Etwa ein Drittel der insgesamt 5300 Studierenden käme aus dem Ausland (107 Länder), ein Drittel aus den Kreisen Kleve und Wesel sowie ein Drittel aus Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern.

Bibiana Kemner, Vizepräsidentin für die Wirtschafts- und Personalverwaltung, warb dafür, dass die Hochschule Rhein-Waal ihren Weg der Internationalität fortsetzen möge - ein Weg, der
maßgeblich von der scheidenden Professorin Marie-Louise Klotz eingeschlagen worden war. „Wir haben nur eine Chance, denn Hochschulen gibt es wie Sand am Meer: Es geht nur über
Internationalität. Wir müssen uns bemühen, internationale Projekte zu bekommen“, sagte Kemner. De Hochschule tue einiges, um die Studenten vor Ort zu integrieren. „Wir bieten Sprachkurse an
und haben die so genannten Buddys, die den Studenten bei der Eingliederung und bei Anträgen und Behördengängen helfen“, berichtete Kemner.

Doch es gab auch Äußerungen, die ahnen lassen, dass Internationalität für Kleve durchaus eine Herausforderung ist. „Das Interesse daran, ausländische Studierende zu begleiten, ist in der
Bevölkerung nicht so hoch“, sagte Peter Wack, der Vorsitzende des Fördervereins Campus Kleve. „Sorge bereitet mir der soziale Aspekt. Viele Studierende der Hochschule Rhein-Waal holen sich
ihr Essen an der ,Tafel?, weil sie in Finanznot sind“, berichtet Wack. Da sei ein Thema, um das sich der Förderverein kümmern müsse. Dr. Carmen C. Drilling, Leiterin des Dezernats Personal an
der Hochschule Rhein-Waal, kritisierte, dass in Kleve Nebenjobs für Studenten fehlten. „Die Studenten kommen mit 8000 Euro hier hin. Für viele ist es schwierig, mit dem Geld hauszuhalten“,
sagte Drilling.

Peter Wack fände es wünschenswert, wenn in bestimmten Ämtern, beispielsweise im Ausländeramt, die Mitarbeiter Englisch sprechen könnten. Diese Forderung unterstützt Manfred Bergsch, Geschäftsführer der Spectro GmbH. „Wir müssen internationaler auftreten. Auf der Homepage der Stadt Kleve taucht kein Wort in Englisch auf“, sagte Bergsch. Professort Scholz betonte, dass es mangelnde Fremdsprachen-Kompetenz sowohl bei den Studierenden als auch in der Bevölkerung gebe. „Einige Studierende pendeln nach Duisburg oder Nimwegen, weil dort mehr Englisch gesprochen werde“, sagte Scholz.

Bibiana Kemner machte einen pragmatischen Vorschlag: „Die Bürger sollten sich mehr öffnen, beispielsweise Wohnungen an Studenten vermieten. Im Gegenzug könnte die Studierenden ihren
Vermietern Gegenleistungen erbringen wie Einkäufe oder Sprachunterricht. Das schafft Austausch.“