Zukunftswerkstatt

Landesgartenschau: Bewerbung ohne Risiko?

Die Stadt will den Zuschlag für 2029, die Verwaltung ist euphorisch. Bei der Zukunftswerkstatt von RP und Volksbank Kleverland gab es aber auch kritische Töne. Einigkeit herrschte darüber, die Stadtentwicklung müsse nachhaltig sein.

Herzstück einer Klever Landesgartenschau sollen die Galleien mit dem Kermisdahl werden.

Rheinische Post vom 09.09.2023

Landesgartenschau: Bewerbung ohne Risiko?   | Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt
Diskutanten sehen viele Chancen, wenige Hürden. An der Debatte nahmen der Technische Beigeordnete Christian Bomblat, der leitende RP-Regionalredakteur Ludwig Krause, RP-Redakteur Maarten Oversteegen, Tiefbau-Chef Bernhard Klockhaus, Rebekka Liebeton von der Stabsstelle III des Technischen Beigeordneten, Bürgermeister Wolfgang Gebing, Grünen-Politikerin Hedwig Meyer-Wilmes, Hydropa-Geschäftsführer Bernd Thiele, Klaus Peters, Geschäftsführer von Stauden Peters, sowie Christoph Thyssen, Prokurist und Bereichsleitung Gesamtbanksteuerung der Volksbank Kleverland (von links nach rechts im Foto) teil. RP-Foto: Markus van Offern

Von Maarten Oversteegen

KLEVE | Es gibt Lokalpolitiker, die werfen der Klever Verwaltung ständig Lethargie vor. Bei der Bewerbung für die Landesgartenschau 2029 dürfte diese Kritik wohl kaum aufkommen: Die Stadtspitze ist euphorisch und treibt das Projekt mit Hochdruck voran. „Ich erkenne eine große Chance für die Stadt Kleve“, sagte Bürgermeister Wolfgang Gebing bei der Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinischer Post. „Wir können mit der Laga Projekte beschleunigen, die wir sowieso umsetzen wollten.“

Die Umgestaltung der Innenstadt, Infrastrukturprojekte, die Einbindung der Hochschule ins Stadtleben, die Aufwertung von Spoykanal und Kermisdahl – die Verwaltung denkt groß. Denn: Fördertöpfe des Landes gibt es für die Ausrichtung einer Laga reichlich. Und von der Laga-Baugesellschaft würde die Stadt bei der Umsetzung von Projekten unterstützt. „Ich sehe sehr gute Chancen, dass wir den Zuschlag bekommen“, sagte Bernhard Klockhaus, Fachbereichsleiter Tiefbau. Als Konkurrenten hätten sich bislang die Städte Verl und Steinfurt in Stellung gebracht. In Kleve glaubt man aber, gute Karten zu haben. Hedwig Meyer-Wilmes, Grünen-Fraktionschefin und Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Stadtgestaltung, sagte: „Viele Maßnahmen, die wir sowieso machen müssen, passen in die Idee einer Laga.“ Noch sei die Politik nicht euphorisch, aber durchaus zugetan. „Wir sehen eine Chance“, so die Grünen-Politikerin.

Bernd Thiele, Geschäftsführer der Firma Hydropa, die sich auf Raumbegrünung spezialisiert hat, gab aber zu Bedenken: „Es gibt keine Chance ohne Risiko.“ Er kritisierte, dass die Stadt zunächst einmal Bestehendes pflegen müsse, etwa den Kermisdahl, ehe man neue Projekte anvisiert. Und: Man müsse Bürger miteinbeziehen. Thiele fragte nach, ob die Verwaltung mit Landwirten in der Nachbarschaft zu den Galleien gesprochen hätte, deren Flächen auf Werbe-Postkarten für die Laga-Bewerbung zu sehen sind. Christian Bomblat, Technischer Beigeordneter der Stadt, bestätigte, dass man Gespräche führe. Der Bürgermeister ergänzte, dass man zuvorderst mit öffentlichen Flächen plane. „Wir sind aber natürlich froh, wenn Private sich beteiligen würden“, sagte Gebing.

Doch wie soll es nun für die Bewerbung weitergehen? Das Konzept wird 40 bis 80 Seiten umfassen. Gibt der Rat im Februar grünes Licht, werden die Bewerbungsunterlagen bis März gen Düsseldorf geschickt. Im Sommer nächsten Jahres soll dann eine Kommission anreisen, die die örtlichen Gegebenheiten prüft. Zuletzt hatte man bei einer Infoveranstaltung die Bürger informiert. „Die Beteiligung war gut, der Input wird nun ausgewertet“, sagte Rebekka Liebeton, die das Projekt im Rathaus mit vorantreibt.

Ohnehin sei Bürgerbeteiligung ein wichtiges Thema, so Klockhaus, der mit Investitionskosten in Höhe von sieben bis zwölf Millionen Euro und einem Durchführungshaushalt mit einem Volumen von weiteren sieben Millionen Euro rechnet. 1999 hat Klockhaus bei der Stadt Oberhausen die Laga mitorganisiert. „Entscheidend ist, wie man die Idee verkauft und die Bevölkerung miteinbezieht“, sagte er. Damals habe die Stadtgesellschaft hinter der Laga gestanden. So sei der Strukturwandel im Ruhrgebiet vorangetrieben worden, bis heute zeugt der OLGA-Park von dem Großevent. Auch in Kleve wolle man etwas Nachhaltiges schaffen. „Das soll keine Blümchenschau werden, dann würde Kleve sich unter Wert verkaufen“, sagte Klockhaus, der etwa anregte, den Spoykanal mit Elektro-Booten befahren zu lassen, um Laga-Besucher von A nach B zu transportieren.

Wenn es um eine nachhaltige Pflanzenwelt geht, kann Klaus Peters, Geschäftsführer von Stauden Peters mit Standorten in Kleve und Kranenburg, ein wichtiger Partner sein. „Weil es Politiker gibt, die Lust auf das Thema Landesgartenschau haben, muss man es versuchen“, sagte Peters. Er könne sich vorstellen, dass die Stadt um 20 bis 30 Jahre in ihrer Entwicklung nach vorne katapultiert würde, wenn die Laga in Kleve stattfindet. „Und selbst wenn die Bewerbung nicht erfolgreich sein sollte, werden wichtige Projekte angestoßen“, so Peters. Und tatsächlich: Auch für unterlegene Bewerber gibt es Fördermittel in erheblichem Umfang.

Thiele mahnte, dass Kleve langfristig profitieren müsse. „Die rosa Brille halte ich für schwierig. Als Unternehmer frage ich mich: Was ist danach?“. Auch Volksbank-Vertreter Christoph Thyssen mahnte: „Wir dürfen die Augen vor Risiken nicht verschließen. Das hat nichts mit Pessimismus zu tun, sondern mit einem offenen Umgang.“ Meyer-Wilmes erklärte, dass man im Rahmen einer Laga etwa die Innenstadt aufwerten könne, die Fraktionschefin der Grünen denkt an die Schaffung von Kälteinseln, Fassadenbegrünung und ein taktiles Leitsystem. „Die Innenstadt ist wegen ihrer Topographie und Enge schwierig, aber wir müssen etwas machen“, sagte sie. Auch die Idee „Wohnen auf dem Wasser“ könne endlich konkret werden. Und man müsse darüber nachdenken, das Hallenbad-Grundstück, das von Altlasten eines früheren Gaswerks betroffen ist, in die Planung miteinzubeziehen. „Wir sehen überall bei Landes- und Bundesgartenschauen, dass auch schwierige Flächen entwickelt werden. Es werden nicht nur positive Flächen gefördert, sondern auch solche, die problematisch sind“, sagte Meyer-Wilmes.

Profitieren könnte übrigens nicht nur Kleve, sondern auch die umliegenden Kommunen. Bürgermeister Gebing kündigte an, auch sie miteinbeziehen zu wollen. „Es geht darum, dass wir uns als Region präsentieren“, sagte Gebing. Man müsse für sechs Monate Programm sorgen, zudem mehrere Sonderschauen initiieren. Da läge es auf der Hand, etwa das Schloss Moyland, aber auch den Tiergarten in Kleve zu berücksichtigen.

Touristisch könnte der untere Niederrhein damit einen Sprung machen: Zur jüngsten Landesgartenschau, die im Oktober in Höxter zu Ende ging, kamen 600.000 Besucher – deutlich mehr als erwartet. „Zur Laga reisen traditionell viele Tagestouristen an. Aufgrund unserer Lage gehe ich aber fest davon aus, dass viele Gäste gleich für mehrere Tage nach Kleve kommen würden“, sagte Klockhaus.