Das Ziel lautet:

Mehr Strom für das Auto – mehr Platz für die Fahrräder.

Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland machten Vorschläge, wie das umgesetzt werden könnte.

VON MARC CATTELEANS

Das Ziel lautet: Mehr Strom für das Auto – mehr Platz für die Fahrräder

KLEVE | Die Stadt Kleve muss bis zum Jahr 2045 auf ein Zwanzigstel des CO ²-Aus­sto­ßes aus dem Jahr 1990 kommen. Diese gesetzlich verankerte Vorgabe ist nicht zu erreichen ohne die Verkehrswende – das machte jüngst Kleves Klimamanager Christian Bomblat im Ausschuss für Klima-, Umwelt- und Naturschutz deutlich. Dafür ist ein Umdenken nötig: Weniger Verbrennermotoren, mehr Bus und Bahn, mehr Radverkehr. Auch die Kommunen am Niederrhein sind gut beraten, den Bürgern entsprechende Angebote zu machen. Wie ist der Status Quo und was muss noch getan werden für die Verkehrswende? Über diese Frage diskutierten Experten bei der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland.

Der ehemalige CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jörg Cosar ist, wann immer es möglich ist, in Kleve mit dem Fahrrad unterwegs, gilt als „Vielradfahrer“. Seine kurze Antwort auf die Frage, wie fahrrad­freundlich Kleve ist, lautet: „Es geht.“ Die Tatsache, dass Kleve auf einer Endmoräne liegt, mache es für Fahrradfahrer nicht immer leicht, von A nach B zu kommen. „Da kann auch die Politik nichts machen“, betonte Cosar. Anders sehe das aus bei Verkehrsregelungen. „Ich plädiere dafür, die Große Straße für den Radverkehr bergauf freizugeben und abwärts Schrittgeschwindigkeit zu erlauben“, sagte er. Die Heldstraße hätte er „schon längst zur Anliegerstraße gemacht und auch für Fahrradfahrer zum Befahren bergaufwärts fregegeben“.

Detlev Koken ist zweiter Vorsitzender des Fahrradclubs ADFC und Mitglied der Grünen-Fraktion im Stadtrat. Kleve sei auf einem guten Weg, was die Förderung des Radverkehrs angeht, müsse aber noch einiges tun, beispielsweise was die Ampelschaltungen angeht: „Die werfen einen zurück. Man steht und wartet, während die Autos an einem vorbei fahren.“ Einige Fahrradwege seien zu schmal, insbesondere wenn Radler sich diese mit Fußgängern teilen müssen und Autofahrer aus ihrem parkenden Gefährt aussteigen und dabei die Tür auf den Radweg schwenken lassen. „Es braucht einen festen Willen, für den Radverkehr etwas zu bewegen, es ist noch Luft nach oben“, betont Koken. Pascale van Koeverden, Radverkehrsbeauftragte der Stadt Kleve, versprach, dass die Stadt das Thema Ampeln nun angehe. Positive Erfahrungen gebe es mit E-Lastenrädern, die die Stadt Kleve an interessierte Bürger verleiht.

Stichwort E-Mobilität: Claudia Dercks, Geschäftsführerin der Stadtwerke Kleve, sieht angesichts steigender Akku-Kapazitäten der E-Bikes und Pedelecs einen Trend zum Laden an der heimischen Steckdose. „Wir haben vor Jahren zwölf Ladestationen aufgestellt. Es gab zuletzt immer weniger Ladevorgänge, außerdem hatten mir Fälle von Vandalismus an den Ladestationen.“ Was E-Autos angeht, seien bleibt die Frage, woher der Strom künftig kommen soll. „Wir müssen regenerative Energien koppeln mit intelligenter Ladetechnik“, sagt Claudia Dercks. Der Grüne Koken bringt eine stärkere Förderung von Photovoltaik auf privaten Dächern ins Spiel. „Wir müssen dahin kommen, dass E-Wagenbesitzer ihr Auto zuhause oder beim Arbeitgeber aufladen. Mobiles Tanken sollte dann nur auf der Autobahn nötig sein“, sagt er. Jörg Cosar hält dagegen: „Was ist, wenn man in einem Mehrfamilienhaus wohnt? Dann wären E-Autos ja nur etwas für die gehobene Mittelschicht. Wir brauchen insgesamt weniger Autos.“

Landrätin Silke Gorißen sieht bei der Verkehrswende eine kreisweite Anstrengung nötig. „Das ist ein dickes Brett“, sagt sie. Sie setze auch Hoffnungen auf Wasserstoff. „Vielleicht überholt die Wasserstoff-Technologie sogar die E-Mobilität“, sagt Gorißen. Auch das sei ein Thema, dass mit den 16 Kommunen gemeinsam angegangen werden müsse.

Derzeit kaufe ein Großteil seiner Kunden ein Hybdridfahrzeug, sagt Nico Ariaans, Gebietsverkäufer bei Mercedes Herbrand im Raum Kleve. Er ist sich sicher, dass sich die Elektro-Technik in den kommenden Jahren noch weiter entwickeln wird. „Die E-Autos werden noch viel besser werden. Aber auch derzeit gibt es Modelle, mit denen man 800 Kilometer kann, ohne zu laden. Die kosten aber noch viel Geld“, sagt Ariaans. Sein Kollege Florian Bünk, Betriebsleiter bei Herbrand Kle­ve, ist ehrlich: „Wenn es die Steuerbefreiung nicht gäbe, würde ich als Dienstfahrzeug nicht wie jetzt einen Hybridwagen fahren, sondern einen Diesel.“ Das Thema E-Mobilität habe sich mit einer enormen Geschwindigkeit entwickelt und werde „politisch gesteuert“. Bünk ist sich sicher: „Aus Überzeugung kauft nur ein kleiner Teil ein E-Auto. Das geht über den Preis.“

Man spreche schon seit Jahren von der Verkehrswende, sagte Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing. „Jedes Jahr steigen aber die Zulassungszahlen der Autos“. Er setzt auf verkehrsberuhigende Maßnahmen. „Da sind wir in Kleve aber schon sehr weit. Eigentlich sind alle Nebenstraßen im innerstädtischen Bereich als Tempo-30-Zone deklariert“, sagt Gebing. Laut Pascale van Koeverden kommen Klever Haushalte durchschnittlich auf 1,4 Autos. „Das ist eigentlich zu viel. Auch Keeken und Bimmen sind gut mit dem E-Bike erreichbar“, sagt die Radverkehrsexpertin.