Die Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und RP diskutierte über den Klever Immobilienmarkt. Dabei wurde deutlich, wo in der nächsten Zeit wieder Grundstücke auf den Markt kommen, wie in Zukunft geheizt werden könnte und dass es bald die Grundsteuer C in KIeve geben könnte.
Das sind die neuen Bau-Hotspots für Kleve
Rheinische Post vom 03.05.2025

Von Maarten Oversteegen
Ob ein Mehrfamilienhaus oder die Doppelhaushälfte, ein freistehendes Einfamilienhaus oder ein Reihenhäuschen geplant ist – die Kreisstadt hat noch Potenzial, wo neu gebaut werden kann. Wo die neuen Hotspots für Bauwillige in Kleve sind, zeigten jetzt in der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland Bürgermeister Wolfgang Gebing und Kämmerer Klaus Keysers: Vor allem ein Ortsteil steht hier im Fokus.
„Es zieht nach Kellen“, sagt der Kellener Keysers. Hier werden mittelfristig auf dem Terrain des alten Konrad-Adenauer-Gymnasiums neue Baugrundstücke erschlossen. In der Entwicklung ist auch die Fläche Hoher Weg/Emmericher Straße. In Reichswalde wird jetzt gebaut. Aber auch die Innenstadt habe noch Potenzial, und die Grundstücke Königsallee/Bresserberg sind in der Vermarktung. Die Nachfrage nach Grundstücken in Kleve zieht wieder an. Der Markt für Mietwohnungen bleibt angespannt. „Wie steht es um den Klever Immobilienmarkt und was braucht die Stadt Kleve jetzt?“, fragte also die Zukunftswerkstatt unter der Moderation des Leitenden Regionalredakteurs im Kreis Kleve der Rheinischen Post, Andreas Gruhn.
„Wir müssen mehr bauen – auch mit Blick auf Mietwohnungen“, sagte Gebing. Deshalb habe die Stadt auch zusammen mit der Politik Geschosswohnungsbau im neuen Baugebiet in Reichswalde möglich gemacht, habe in der Vergangenheit verstärkt auch City-nah massiv geförderten Wohnbau unterstützt. „Wir hoffen mit Blick auf Reichswalde auch, dass so ältere Menschen bereit sind, dort in ihrem Ort in eine kleinere Wohnung zu ziehen, und so Einfamilienhäuser für junge Familien frei werden“, so der Bürgermeister.
Es sei wichtig, mehr Wohnen im urbanen Umfeld zu ermöglichen, sagte Johannes Bielefeld, Geschäftsführer des gleichnamigen Architekturbüros, das die Bauten in Reichswalde hochzieht. Er appelliert an ältere Menschen, frühzeitig in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Sonst drohe doppelter Verlust im hohen Alter: der des Ehepartners und der des dann nicht mehr haltbaren Hauses. Auch empfahl der Architekt, dass die Politik bei Neubauten, die oftmals auch Ersatz für alten Wohnungsbestand darstellten, eine Etage mehr für die Wirtschaftlichkeit möglich machen sollte.
Frank Rosar, Generalbevollmächtigter der Volksbank Kleverland, bestätigte, dass die Nachfrage nach Bau-Krediten wieder anziehe und betonte in einem Atemzug, dass die vermeintlich hohen Zinsen um die drei Prozent im langjährigen Vergleich historisch günstig seien. Aber um verstärkt bauen zu können, braucht man vor allem Grundstücke: Zwar seien die Zeiten, so Klaus Keysers, in denen der Stadt die Grundstücke aus den Händen gerissen wurden, vorbei. Aber inzwischen ziehe die Nachfrage wieder an. Um auch brach liegende Grundstücke bebauen zu können, werde die Stadt vorschlagen, 2026 die Grundsteuer C einzuführen, als Anreiz für die Eigentümer, dort zu bauen oder die Fläche zu verkaufen. Gebing sagte, dass dort dann auch Baurecht bestehen solle.
Neu zu bauen ist die eine Seite gegen Wohnungsnot. Aber wie beeinflusst mit Blick auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum die Grundsteuer die Kosten und braucht Kleve einen Mietendeckel? Vor allem für Wohnhäuser ist die Grundsteuer in Kleve deutlich gestiegen. Man könne sie aber, sobald die Stadt Rechtssicherheit habe, wieder ändern und womöglich einen differenzierten Hebesatz für Wohnen und Gewerbe einführen, sagte Keysers. Es habe viele Einsprüche gegen die Steuerbescheide des Finanzamtes gegeben, so der Kämmerer.
Das bestätigt auch Rechtsanwalt Karl Scholten, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins Kreis Kleve. Vor allem beim Begriff „Kernsanierung“ habe es viele Missverständnisse gegeben – aber die Finanzämter seien in dieser Frage sehr kulant gewesen. Im Mietwohnungsbau würden die Grundsteuern auf die Mieten umgelegt. Ein Mietdeckel sei in Kleve nicht notwendig, sagte Scholten. Er konnte allerdings die von empirica festgestellten günstigen Mieten von unter zehn Euro auch bei Neubauten nicht bestätigen: „Wir liegen in Kleve hier im Segment von zwölf Euro aufwärts pro Quadratmeter“, so der Rechtsanwalt. Gebing sagte, dass in der Stadt jüngst wieder viele geförderte Wohnungen entstanden seien. „Das wollen wir fortschreiben“, erklärte der Bürgermeister. Er hoffe, dass das Land hier die Rahmenbedingungen ändere, damit diese Förderungen auch wieder „auskömmlich“ seien.
Die Frage der Wirtschaftlichkeit ist auch das Problem bei Sanierungen, sagte Bielefeld. „Das ist mit Blick auf Barrierefreiheit und Brandschutz oft nicht nachrüstbar“, so Markus Look, Projektleiter bei Bielefeld. Gebing bestätigte, der Sanierungsstau in der Stadt sei sehr hoch, leider würden die Vorschriften bremsen. Er hoffe, diese politische Fehlsteuerung werde bald angegangen. Scholten rechnete vor, dass in unsanierten Wohnungen die Mieten, wenn überhaupt, nur leicht steigen. „Mein Rat an die Eigentümer: Beginnt zu sanieren“, sagte er. In die gleiche Kerbe schlug Julian Holtzhausen, Geschäftsführer des VoBa-Immobilien-Centers. Tatsächlich sei die Nachfrage für die Sanierung alter Bausubstanz immer noch sehr hoch, so wiederum Rosar. „Es stellt sich dabei aber immer die Frage, ob das auch finanzierbar ist“.
Wie ein Menetekel im Raum steht bei der Sanierung zudem die Frage nach der Heizung. „Das Heizungsgesetz von Habeck hat zu einer kolossalen Verunsicherung geführt – bis hin zur Panik, als noch schnell alte Gasheizungen gegen neue Gasheizungen ausgetauscht wurden“, sagte Scholten. Hier möchte die Stadt langfristig für Planungssicherheit sorgen: Gebing und Keysers setzen auf Tiefengeothermie. „Wir hoffen, die Haushalte in den eng bebauten Bereichen der Stadt – wie in Kleve, Materborn oder Kellen – über ein Nahwärmenetz versorgen zu können“, sagt Gebing. Das hänge aber auch davon ab, wie viele letztlich bereit sind, sich anschließen zu lassen, sagt Keysers. Betreiber eines solchen Netzes könnten die Stadtwerke sein.