Sommergänse werden zum Problem

Bei der Zukunftswerkstatt der Rheinischen Post und der Volksbank Kleverland machten sich Landwirte, Naturschützer und Politiker Gedanken, wie man der Sommergänse-Plage Herr werden kann. Alle Hoffnungen ruhen auf einem Projekt.

Zukunftswerkstatt Kleve

Kleve Wenn in diesen Tagen die arktischen Wildgänse in den Niederungen des Kleverlands eintreffen. wird es eng auf den Wiesen und Feldern. Denn die Wintergänse treffen dort auf Grau-, Nil und Kanadagänse, die sich am Niederrhein das ganze Jahr hindurch wohlfühlen. Weil sie, anders als die Wintergänse, eben auch im Sommer hier sind, spricht man bei diesen Arten von Sommergänsen. Ihre zunehmende Anzahl bereitet vor allen den Landwirten Sorgen. Denn die Sommergänse sorgen für Ernteausfälle und verkoten die Felder. Eine Entschädigung dafür erhalten die Landwirte - anders als bei den Wintergänsen - nicht.

Darüber, wie man dieses Problem lösen kann, machten sich Landwirte, Naturschützer und Politiker Gedanken bei der jüngsten Zukunftswerkstatt Gedanken. Kleves Bürgermeister Theo Brauer nannte die Entwicklung „besorgniserregend“. Er forderte die Nabu Naturschutzstation Niederrhein und die Kreisbauernschaft auf, in der Frage zu einem Konsens zu kommen. „Es stellt sich die Frage, wie lange die immer größere Anzahl an Sommergänsen für die Landwirte noch verkraftbar ist“, sagte
Brauer.

Ulrich Werneke, der Geschäftsführer des Naturschutzzentrums im Kreis Kleve, legte aktuelle Zahlen vor. So gebe es in Nordrhein-Westfalen etwa 20 000 Sommergänse, die das ganze Jahr hindurch auf den Wiesen und Feldern blieben. Wie viele sich davon im Kreis Kleve aufhalten, ließe sich nur schwer sagen. Gerhard Thomas, Vorstandsvorsitzender der Kreisjägerschaft Kleve, berichtete, dass im Kreis Kleve pro Jahr 2000 Graugänse, 1800 Nilgänse und einige wenige Kanadagänse geschossen würden. Die Jagdzeit für diese Gänse ginge vom 16. Juli bis zum 31. Januar, in Vogelschutzgebieten wie der Düffel lediglich bis Mitte Oktober. Thomas betonte, dass die Gänsejagd sehr schwierig sei: „Die Gänse sind ungeheuer aufmerksam. Bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr sind sie weg.“

Volkhard Wille, Vorstandsvorsitzender der Nabu-Naturschutzstation Niederrhein, betonte, dass er grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden habe, die Sommergänse zu bejagen. Aber Wille schränkte gleichzeitig ein: „Die Jagd wird nicht ausreichen. Wir müssen mit den Landwirten zusammen Lösungen finden“.

Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve, erläuterte, welche Schäden die Sommergänse verursachen. „Am Altrhein gibt es Wiesen, die vollkommen zugekotet sind. Dieses Gras kann man nicht mehr verfüttern. Außerdem trampeln die Gänse den Weizen platt, so dass die Ähren abfallen.“ Die Schäden würden nicht ersetzt, so Peters. Er kenne Landwirte, denen die Wildgänse einen Ernteausfall in Höhe von 2000 Euro bereitet hätten. Gefragt nach einem Vorschlag, wie das Problem zu lösen sei, sagte der Kreislandwirt: „Ich sehe keine Möglichkeit“.

Jäger Gerhard Thomas berichtete von einer Initiative der Kreisjägerschaft Wesel, die erfolgversprechend sei und sich auch auf den Kreis Kleve übertragen ließe. So setzen Landwirte, Jäger und Naturschützer im Kreis Wesel auf das so genannte Gänsetelefon. Revierjagdmeister Konrad Niehues nimmt Anrufe von Landwirten entgegen, die von der Sommergänse-Plage betroffen sind. Er gibt dann Hilfe, Rat und Anleitung, übernimmt die Koordination und Erfassung der Bejagung und leistet Hilfe bei der Vermarktung des hochwertigen Wildbrets.

Bejagungshilfen für Jäger und Vergrämungshilfen für Landwirte ließen sich durch Kooperation leichter geben, so Thomas. Außerdem ließe sich die Anzahl der Sommergänse und die entstandenen Schäden leichter erfassen, betonte der Jäger.

Jetzt wollen Landwirte, Jäger und Naturschützer überlegen, wie sich dieses Projekt im Kreis Kleve umsetzen lässt.

VON MARC CATTELAENS