KLEVE Niedrige Zinsen und ein hoher Bedarf an Wohnungen bescheren auch dem Niederrhein einen Bauboom. Doch Beton ist nicht gerade umweltfreundlich und Ressourcen wie Kies sind endlich. Die Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland hat sich der Frage gewidmet, ob es Sinn macht, auf Holz auszuweichen. Stein des Anstoßes Die FDP-Fraktion
im Rat der Stadt Kleve beantragte erfolgreich, die Verwaltung zu beauftragen, bei Neubau und Erweiterung von Gebäuden der Stadt Kleve künftig in verstärktem Maß Holzbaustoffe
einzusetzen. Die Begründung FDP-Fraktionschef und Bürgermeisterkandidat Daniel Rütter begründete in der Zukunftswerkstatt den Antrag: „Jetzt, da wir in Kleve den Klimanotstand
ausgerufen haben, müssen wir auch konkret etwas tun. Die Betonhersteller sind einer der
größten CO²-Emittenten weltweit. Kies ist eine endliche Ressource. Wir können vor Ort Einfluss nehmen. Durch einen Umstieg auf Holzbauweise müsste sich hier niemand einschränken.
Die Stadt sollte eine Vorbildfunktion einnehmen.“ Die Umsetzung Die Stadtverwaltung,
namentlich der Technische Beigeordnete Jürgen Rauer, versprach, dass die Stadt künftig verstärkt Bauprojekte in Holzständerbauweise beziehungsweise die Innenausbauten in Holz umsetzen werde. „Bei kleineren Schulen oder bei Kitas werden wir in Holzbau gehen“,
kündigte Rauer an. Bei großen Sonderbauten sei es mitunter nicht möglich oder nicht sinnvoll, tragende Wände mit Holz zu verwenden, „da werden wir den Innenausbau mit Holz machen“, sagte Rauer. Das sagen Fachleute Es sei sinnvoll, dass die Stadt auch für private Bauherren Anreize schaffe, Holzhäuser zu bauen, sagt Thomas Willemsen, Holzbauingenieur mit eigenem Planungsbüro. Er sieht am unteren Niederrhein eine „fehlende Mentalität für Holzhäuser“. Im Kreis Kleve gebe es zu wenig Planer für Holzbauten. Ein großer Vorteil der Holzbauweise sei das geringe Gewicht der Bauten. „Dadurch kann man hervorragend auf bestehende Gebäude aufstocken“, betont Willemsen. Holzhäuser hätten „fast alle Möglichkeiten wie ein Massivhaus.“ Das sieht auch Hans-Günter Friedrichsen, Inhaber des Schreinerei und Tischlerbetriebs tischlerakt so. „Holzhäuser sind genau so lange haltbar wie Massivhäuser.
Es gibt auch keine erhöhte Brandgefahr“, sagt er. „Den Rohstoff Holz gibt es hier vor Ort zur Genüge.“ Architekt Friedhelm Hülsmann fordert eine „große Kampagne“ für Holzhäuser. Vorteile lägen in einer um 10 Prozent größeren Nettonutzfläche. „Holz bindet CO2 und die
Holzwirtschaft ist ein bedeutender Arbeitgeber“, sagt Hülsmann. die Politik Neben Daniel Rütter
sind auch Wolfgang Gebing (CDU-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeisterkandidat) und Michael Bay Anhänger der Holzbauweise. Gebing betont: „Die Stadt muss mit gutem Beispiel vorangehen. Das wäre auch ein Anreiz für Firmen, sich hier anzusiedeln.“ Michael
Bay von den Grünen sagt: „60 Prozent aller Häuser sind älter als 35 Jahre und sanierungsbedürftig. Das ist ein riesiger Markt für Holz.“ Gerade bei Mehrfamilienhäusern gebe es viel Steigerungspotenzial.