Zukunftswerkstatt

Wann kommen die Zuschauer zurück?

Kleve. Wie gelingt es, dass das Publikum wieder zurückkommt? Diese Frage stellten sich die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt von RP und Volksbank Kleverland. Ein Anfang: Es gibt ein neues Angebot für Kulturbegeisterte.

RP vom 29.10.2022

Wann kommen die Zuschauer zurück?
Teilnehmer der Zukunftswerkstatt: Marc Cattelaens, Julia Niggemann, Frank Ruffing, Matthias Grass, Sigrun Hintzen, Harald Kunde, Ursula Geisselbrecht-Capecki und Antje Britt-Mählmann

Viele Menschen haben derzeit weniger Geld als sonst zur Verfügung, weil viele Dinge deutlich teurer geworden sind. Und die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Das bekommen auch die Kulturschaffenden zu spüren. „Es gibt eine große Verunsicherung beim Publikum. Wir nehmen das Ernst. Alle haben angesichts der Energiekrise und des Krieges in der Ukraine Fragen, keiner hat Antworten“, sagt Harald Kunde, Direktor des Museum Kurhaus in Kleve. Wie kann es angesichts der Krise gelingen, dass das Publikum wieder zurück kommt? Diese Frage stellen sich nicht nur die Museen in der Region, sondern alle Kulturschaffenden, wie bei der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland deutlich wurde.

Kunde gibt folgende Antwort: „Wir erhöhen die Taktzahl der Veranstaltungen und verlängern die Laufzeiten der Ausstellungen.“ Das sei wichtig, um Menschen ins Museum zu holen, die sonst vielleicht keinen freien Termin für einen Besuch gefunden hätten. Außerdem versuche er, Netzwerke weiter auszubauen und Synergien zu nutzen, etwa mit dem Klevischen Verein. Er sei sich bewusst, dass es derzeit nicht gelingen könne, sehr große Besucherzahlen zu erreichen. „Wenn 20 bis 100 Leute pro Veranstaltung kommen, ist das sehr gut“, sagt er. Bei den Besuchern stelle er ein „großes Bedürfnis nach Austausch und Geselligkeit“ fest. Und ein „Interesse daran, welche Antworten Künstler auf Panzerhaubitzen und Raketen geben können.“

Sigrund Hintzen, Organisatorin der klassischen Konzerte der Stadt Kleve, setzt auf das Prinzip: „Viel hilf viel.“ Kleve sollte ein möglichst breites Kulturangebot schaffen, um möglichst viele Interessenten anzusprechen. „Das ist das Basar-Prinzip. Wenn es ein qualitativ gutes und quantitativ reichhaltiges Angebot gibt, finden wir auch ein Publikum. Dann muss man auch verknusen, dass mal nicht so viel Geld in der Kasse ist“, sagt Hintzen. Hoffnung mache, dass die Besucherzahlen zwar nicht so gut seien wie vor Corona, aber langsam wieder anstiegen.

Ursula Geisselbrecht-Capecki, Leiterin des B.C.-Koekkoek-Hauses, hat festgestellt, dass die Gäste spontaner geworden sind. „Während man früher aufs Abo setzte, entscheiden sich inzwischen mehr Besucher erst am Abend, welche Veranstaltung sie besuchen wollen.“ Hintzen meint, dass das auch an Corona liege. „Jeder rechnet mit einer Infektion und Quarantäne.“ Sie plädiert dafür, den Gästen die Entscheidung über Abstand und Maske zu überlassen, statt starre Regeln aufzuerlegen.

Beim Museum Schloss Moyland freut man sich in diesem Jahr über mehr Besucher als 2019, vor der Corona-Pandemie. „Wir haben Vieles verändert, ein stärkeres Ausstellungsprogramm, mehr Marketing-Maßnahmen durchgeführt und generell mehr geöffnet. Besonders der Park ist ein Anziehungspunkt, hat doppelt so viele Besucher wie 2019. Die Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Natur“, sagt Julia Niggemann, Geschäftsführerin von Schloss Moyland. Die künstlerische Leiterin Antje Britt-Mählmann ergänzte, dass man in Moyland verstärkt auf Kooperationen mit Universitäten setze und Ausstellungen auch auf Plattformen wie Instagram bewerbe. „Wir brauchen auch ein paar populäre Themen. Es muss cool werden, ins Museum zu gehen.“

Geisselbrecht-Capecki schlägt eine gemeinsame Museumskarte für den Kreis Kleve und eine stärke Vernetzung mit den niederländischen Einrichtungen vor. „Vor 20 bis 30 Jahren hatten wir viel höhere Besucherzahlen. Eine Museumskarte könnte helfen, da wieder hin zu kommen.“ Kurhaus-Direktor Kunde spricht von „Signalen vom Land“, dass eine solche Karte NRW-weit kommen könnte. Auch Antje Britt-Mählmann verspricht sich viel von einer Museumskarte. „Partner könnten nicht nur grenzüberschreitend, sondern auch weiter nördlich, etwa im Emsland gesucht werden.“

Julia Niggemann betont, dass man auch der zunehmenden „Preissensibilität“ des Publikums Rechnung tragen müssen, etwa durch spezielle Rabatte und mehr Zusammenarbeit unter den Museen. Ein Anfang sei da der geplante „lange Donnerstag“ im Museum Schloss Moyland. An diesem Abend soll ein Mal im Monat für einen ermäßigten Eintritt ein breit aufgestelltes Programm angeboten werden.

Frank Ruffing, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Kleverland und im Förderverein des Museums Schloss Moyland aktiv, fragte, wie es gelingen könne, mehr junge Leute ins Museum zu holen. Ein Ansatz könnte es sein, virtuelle Rundgänge im Internet anzubieten. Die Museumsexperten raten jedoch eher ab. Britt-Mählmann meint: „Dann verschießen wir unserer Pulver. Wir sollten eher nur kleine Einblicke geben.“

Einig waren sich alle Teilnehmer darin, dass das kulturelle Angebot in der Stadt sichtbarer werden müsse. Hintzen: „Es liegen wenige Flyer aus und es gibt kaum Plakatwände.“