Zukunftswerkstatt

Wo sind die Experten?

Als vor einigen Jahren das Reiseunternehmen Alltours seine Klever Heimat verließ und nach Duisburg umsiedelte, begründete Firmenchef Willi Verhuven diesen Schritt damit, dass in Kleve nicht genug Fachkräfte zu finden seien. Der demographische Wandel dürfte diese Entwicklung noch einmal verschärfen – eine Bedrohung für alle Unternehmen, die auf hochqualifizierte Mitarbeiter angewiesen sind. Wie man gegensteuern kann, diskutierte jetzt die Zukunftswerkstatt der Volksbank Kleverland und der RP unter der Überschrift: “Im Kleverland fehlen Fachkräfte – was tun?”

Eine der Teilnehmerinnen der Runde war Prof. Dr. Marie-Louise Klotz, Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal – sie ist wohl diejenige, mit der die meisten Hoffnungen verknüpft sind, bildet die Hochschule Rhein-Waal doch schon jetzt mehr als tausend junge Menschen aus, und dies in enger Kooperation mit der heimischen Wirtschaft. Da besteht durchaus die Möglichkeit, dass der berufliche Lebensweg von Absolventen aus Nah und Fern nicht geradewegs in die nächste Metropole führt, sondern auch ein Bleiben in Kleve als verheißungsvolle Möglichkeit offensteht. Klotz: “Wir müssen Schüler möglichst früh motivieren, individuell das Richtige für sich zu finden.”

Damian Janik (Arbeitsagentur Wesel) stimmte zu: “Unsere Berufsberater gehen regelmäßig in die Schulen, aber die Entscheidung für einen Beruf fällt schwer.” Gert Budde, stellvertretender Schulleiter am Berufskolleg Kleve, will das Handwerk und das duale Ausbildungssystem im Allgemeinen stärken. “Das Handwerk ist keine Sackgasse, eine abgeschlossene Ausbildung kann ein Ausgangspunkt für weitere Bildung sein. Das müssen wir klar machen”, sagt er.

Was Fachkräftemangel bedeutet, berichtete Edgar Seeber, Personalleiter der Rheinischen Kliniken in Bedburg-Hau. Seine Einrichtung ist auf allen wichtigen Jobmessen vertreten, um Bewerber anzulocken. Und sie hat ihre Fühler sogar bis nach Griechenland ausgestreckt, um Fachkräfte zu finden. Doch die Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag kann nur der erste Schritt sein. Entscheidend sei: “Wie halte ich die Leute, wenn sie hier sind?” “Um Fachkräfte hier zu halten, müssen wir dafür sorgen, dass sie nicht vereinsamen”, ergänzte Klotz. Die Bindung geschehe schließlich auch durch eine gute Lebensqualität und einen Freizeitwert in der Region.

Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Achim Zirwes, sieht einen anderen Lösungsweg. “Wir müssen uns mehr um die kümmern, die bei uns übrig bleiben, um die, die als unvermittelbar gelten”, sagt er und betont: “Die duale Ausbildung in Deutschland ist gut.” Einen Mangel an Fachkräften sieht er schon jetzt in den Lebensmittelberufen wie Fleischer oder Bäcker. Er weiß: “In einigen Jahren werden wir tatsächlich den Kampf um jeden einzelnen Auszubildenden aufnehmen müssen.”

“Arbeitgeber müssen sich auf die neue Situation einstellen, heute brauchen Unternehmen auch ein positives Image, um gute Leute zu gewinnen”, sagt Hans-Josef Kuypers, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Kleve. Kuypers betont, dass außerdem Lösungen gefunden werden müssten, die es Frauen erleichtern, nach einer Babypause einfacher als jetzt in den Beruf zurück zu kehren. Auf eine weitere Ressource macht Dr. Wolf-Eberhard Reiff, Geschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer, aufmerksam. “Die Weiterbildung von älteren Arbeitnehmern kann auch eine von vielen Möglichkeiten sein, Fachkräfte zu halten”, sagt er.

Auf dem Foto (von links): Gert Budde (stellvertretender Schulleiter Berufskolleg Kleve), Dr. Wolf-Eberhard Reiff (Geschäftsführer Niederrheinische Industrie- und Handelskammer), Achim Zirwes (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Kleve), Frank Ruffing (Vorstandsvorsitzender Volksbank Kleverland), Prof. Dr. Marie-Louise Klotz (Rektorin Hochschule Rhein-Waal), Dr. Wilhelm Wehren (Leiter Haus Riswick), Hans-Josef Kuypers (Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Kleve), Damian Janik (Bereichsleiter Arbeitsagentur Wesel), Katharina Schmülling (RP), Matthias Graß(RP), Manfred Bergsch (Geschäftsführer Spectro Analytical Instruments) und Edgar Seeber (Leiter Verwaltung und Personal LVR-Klinik)