Zukunftswerkstatt

Wohin entwickelt sich die Bio-Landwirtschaft?

1800 landwirtschaftliche Betriebe gibt es im Kreis Kleve. Drei Prozent davon betreiben ökologischen Landbau. Deutschlandweit sind es gerade mal 6 Prozent. Gleichwohl ist die Sichtbarkeit von Bio-Produkten in den Regalen der Supermärkte und beispielsweise auf dem Klever Wochenmarkt deutlich höher.

Die Zukunft dieses Marktsegments war jetzt das Thema der Zukunftswerkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinischer Post. Unter der Frage „Ist Bio-Landbau noch bezahlbar?“ diskutierten Experten, wohin sich die ökologische Landwirtschaft entwickeln wird.

Warum ökologische Landwirtschaft auch zukünftig ein Nischen-Dasein führen wird, hat für
Kreislandwirt Josef Peters vor allem ökonomische Gründe: Die konventionelle Landwirtschaft sei wirtschaftlich zu gut aufgestellt, als dass sich Bio-Landbau lohne. Peters führte auch Forschungsergebnisse von Agribusiness-Studenten der Hochschule Rhein-Waal an. Sie seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gewinnmargen bei Bio-Landbau sehr gering seien.

Ein Problem am Niederrhein, so Wehren, Leiter Landwirtschaftszentrum Haus Riswick, und Peters übereinstimmend: Wegen der intensiven Viehwirtschaft sind die Pachtpreise für den Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche deutlich höher als andernorts – da können niedrigere Gewinnmargen dazu führen, dass eine alternative Bewirtschaftung sich einfach nicht rechnet.

Doch wie sehen das die Landwirte, die sich dem ökologischen Landbau verschrieben haben? Einer ihrer Pioniere ist Gerhard Vierboom. Seit 25 Jahren wirtschaftet er nach den Regeln von Bioland. Als er vor 25 Jahren startete, war sein Vater mit Begeisterung dabei: „Das haben wir früher doch auch nicht anders gemacht – warum soll das denn heute nicht mehr gehen?“

Im Handel geht es. Europaweit steht Deutschland mit einem Pro-Kopf-Aufkommen von 71 Euro je Einwohner für Bio-Produkte an fünfter Stelle. Spitzenreiter ist mit 139 Euro Dänemark. Bernd Hesseling, der in seinem Groß-Bauernmarkt am Lindchen auch selbst angebaute Bio-Erzeugnisse verkauft, sagt: „Die Regeln, nach denen Bio angebaut wird, sind sehr unterschiedlich – je nachdem, nach welchem Label man produziert.“ Seine Bioland-Richtlinien seien in vielen Punkten strenger als die der EU-Öko-Verordnung. In Deutschland arbeiten knapp 5500 Betriebe nach diesen Regeln.

Hesseling erklärte, dass Bio-Anbau immer kostenträchtiger werde, je „höherwertiger“ das Produkt sei. Bei Möhren oder Kartoffeln sei es noch recht einfach, ökologische Maßstäbe in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Rahmen zu halten. Bei Tieren werde es schwieriger: Sie müssten mit Bio-Getreide gefüttert werden. Die Konsequenz: Ein (dickeres) Bioland-Hühnchen von Vierboom kostet 15 Euro.

“Aber die Kunden schwören drauf”, sagt Vierboom nicht ohne Stolz. Hesseling wiederum bekommt seine Bio-Hähnchen von einem Label aus dem Osten der Republik. Sie kosten immer noch knapp acht Euro. In der Rinderzucht hat die konventionelle Landwirtschaft enorm aufgeholt: Neue Ställe und bessere Haltung reduzierten den Verbrauch von Medikamenten trotz intensiver Haltung deutlich, sagt die Kalkarer Tierärztin Ruth Wilmsen.

Der biologische Landbau im Kreis Kleve bleibt eine Nische. Ob die noch ausbaufähig ist, darüber scheiden sich die Geister: Ein klares Ja kommt von Hesseling, Peters sieht kaum Chancen für Landwirte, ihre Betriebe wirtschaftlich umzustellen.

Einig sind sich alle: Öko-Landwirt müsse man aus Überzeugung sein. Vierboom geht noch einen Schritt weiter: Wolle man die Ernährung der Menschheit künftig sicherstellen, müssten sich die Verbraucher umstellen.

Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt: Bernd Hesseling, Inhaber Bauernmarkt Lindchen; Josef Peters, Klever Kreislandwirt; Gerhard Vierboom, Landwirt; Dr. Wilhelm Wehren, Leiter Landwirtschaftszentrum Haus Riswick; Ruth Wilmsen, Tierärztin. Moderation: Frank Ruffing, Volksbank-Direktor; Jürgen Loosen, RP-Redaktionsleiter Kleve.