Kleve (RP). Der Kreis Kleve will preiswerten Wohnraum schaffen. Bei der Zukunftswerkstatt diskutierten Experten das Vorhaben.
Von Marc Cattelaens
Der Kreistag hat beschlossen, der Kreis Kleve Bauverwaltungs GmbH (KKB) ein weiteres Betätigungsfeld zu geben: preiswerten Wohnraum schaffen. Doch braucht der Kreis überhaupt eine neue Wohnungsbaugesellschaft, die der KKB angegliedert ist? Bei der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland diskutierten die Teilnehmer das Für und Wider einer solche Gesellschaft.
Im Vorfeld hatte das Vorhaben viel Lob aus prominentem Munde erhalten. Barbara Hendricks (SPD) sagte Anfang des Jahres, als sie noch Bundesumweltministerin war: "Der Vorschlag des Landrates kam zwar unerwartet, er freut mich aber. Seit Jahren fehlt es im Kreis Kleve an günstigem Wohnraum und immer wieder habe ich auch die Wohnungsbaugesellschaften der Kommunen ermutigt, mehr in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Als Ministerin habe ich die Bundesmittel für derartige Vorhaben in den vergangenen Jahren massiv aufgestockt." Auch Ulrike-Ulrich, CDU-Fraktionschefin im Kreistag, ist von der Sinnhaftigkeit einer Kreis Klever Wohnungsbaugesellschaft überzeugt. "Es gibt immer weniger geförderten Wohnungsbau, gleichzeitig wächst die Bevölkerung im Kreis Kleve deutlich", sagte sie. Der SPD-Kreistagsfraktionvorsitzende Jürgen Franken pflichtet ihr bei: "Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist sehr angespannt. Es gibt viele Hartz-IV-Bezieher. Das belastet den Kreishaushalt. Die Anzahl an Sozialwohnungen, die gebaut werden, hat sich gegenüber dem Jahr 2000 um 50 Prozent reduziert. Da darf der Kreis Kleve nicht mehr wegschauen."
Doch das Vorhaben einer Kreis-Wohnungsbaugesellschaft ist nicht unumstritten, wie sich im weiteren Verlauf der Diskussionsrunde zeigte. Kleves Stadtkämmerer Willibrord Haas kritisierte die Formulierung der Zielsetzung: "Die Wohnungsbaugesellschaft soll sich mittelfristig aus den Miteineinnahmen tragen. Dazu Haas: "Mittelfristig ist eine sehr unbestimmte Formulierung." Der Stadtkämmerer hält auch das Finanzierungsmodell für unglücklich. Zum Start des Geschäftsbetriebs hat Landrat Wolfgang Spreen 2,85 Millionen Euro für 2018 und 600.000 Euro für 2019 eingeplant - und zwar als Betriebskostenzuschüsse. Haas fragte: "Wofür braucht man hier Betriebskostenzuschüsse?"
Manfred Tielkes, Geschäftsführer der in Goch ansässigen WohnBau Genossenschaft, wurde deutlich: "Vielleicht ist das ja ein Verlustvortrag", sagte er ironisch. "3,5 Millionen Euro Verwaltungskosten haben nicht mal alle Wohnungsbaugesellschaften im Kreis Kleve zusammengenommen. Sie wollen so viel Geld verjubeln, wie 400 Wohnungen an Mieten erzielen", fuhr er fort. An Franken und Ulrich richtete Thielkes die Frage: "Wie wollen Sie denn so viel Geld verbraten?" Ulrich meinte, man solle die 3,5 Millionen Euro nicht als Betriebskostenzuschüsse sondern als Anschubfinanzierung verstehen.
Klaus Völling vom gleichnamigen Sachverständigenbüro fragte sich: "Warum muss der Kreis Daseinsvorsorge für die Kommunen machen?" In den vergangenen Jahren seien jeweils Fördermittel in Höhe von acht Millionen Euro bereitgestellt und auch verbraucht worden. "Wenn der Kreis nun die Aufgabe des Sozialen Wohnungsbaus übernimmt, wird doch keine einzige Wohnung mehr gebaut. Das Budget wird so oder so abgerufen", sagte er.
Thielkes beklagte, dass niemand wisse, was die neuen Kreisgesellschaft überhaupt im Sinn habe. "Alles, was Sie vorhaben, kann man vor Ort besser", sagte er. Außerdem sei die Bauwirtschaft voll ausgelastet, so dass viele Bauvorhaben gar nicht umgesetzt werden können. Auch Michael Dorißen, Geschäftsführer der GeWoGe Wohnungsbaugesellschaft in Kleve sagte: "Ich weiß nicht, wie Sie die Dinge anders angehen wollen als wir."
Quelle des Artikels: Rheinische Post, 02.06.2018