Der hohe Zustrom an Asylsuchenden stellt Kleve vor echte Probleme. Das wurde bei der Zukunftswerkstatt der Rheinischen Post und der Volksbank Kleverland deutlich. Bürgermeister und Kämmerer fordern mehr Geld vom Bund.
Flüchtlinge werden zur Belastungsprobe
KLEVE Der Andrang von Menschen, die vor Krieg und Hunger in ihren Heimatländern fliehen und in Deutschland Asyl suchen, ist überwältigend. Mit dieser Entwicklung hat auch in Kleve keiner gerechnet. Bürgermeister Theo Brauer erinnert sich noch gut an den 4. August dieses Jahres. „Wir erhielten Nachricht, dass wir innerhalb von drei Tagen im Rahmen der Amtshilfe eine Notunterkunft stellen müssen. Davon wurden wir total überrascht. Wir hatten ja auch keine Erfahrungswerte.“ Innerhalb kürzester Zeit gründete die Stadtverwaltung eine Task-Force unter Federführung von Fachbereichsleiterin Bettina Keysers. Hinzu kam: Die Hilfsbereitschaft innerhalb der Bevölkerung war groß. So gelang es, die Turnhalle des Konrad-Adenauer-Gymnasiums (KAG) als Notunterkunft herzurichten. Doch bei allen Erfolgen, es gab und es gibt immer noch große Probleme. Das wurde bei der Zukunftswerkstatt deutlich.
Kleves Kämmerer Willibrord Haas, stellte aktuelle Zahlen vor, die die Ausmaße des Flüchtlingszustroms
verdeutlichen. So machen die 150 Flüchtlinge in der Notunterkunft Konrad-Adenauer-Turnhalle nur einen Teil der Zuflucht-Suchenden aus. Im Rahmen der Amtshilfe betreut die Stadt derzeit 240 Asylsuchende, weitere 60, die im Rahmen des Asylverfahrens geduldet werden und zusätzlich 140 mit geregeltem Aufenthaltsstatus. 52 Prozent dieser Menschen sind dezentral untergebracht, der Rest in
den Unterkünften an der Stadionstraße und in der ehemaligen Hauptschule Materborn. Während die
(Sach-)Kosten der Notunterkunft am KAG vom Bund komplett übernommen werden, muss die Stadt für die übrigen Kosten anteilig aufkommen. Und die machten in diesem Jahr 3,9 Millionen Euro aus. Erstattet wurden davon 1,4 Millionen Euro. Das bedeutet eine Deckungslücke von 2,5 Millionen Euro, die der Klever Steuerzahler zu zahlen hat.
„Mit den hohen Finanzaufwendungen ist die Stadt Kleve auf Sicht überfordert. Die vom Bund angekündigten Kompensationen werden nicht ansatzweise reichen. Vielleicht werden wir die Steuern erhöhen müssen“, prognostizierte Bürgermeister Brauer. Ein vergleichsweise geringes Problem: In der Turnhalle am KAG kann kein Sportunterricht mehr stattfinden. Während die Stadtverwaltung bislang davon ausgegangen war, dass die Halle ab Weihnachten wieder zur Verfügung stehen wird, muss diese Prognose wohl nach hinten verschoben werden. „Wir hoffen, dass wir die Turnhalle bis Februar räumen können. Das ist aber noch mit vielen Fragezeichen versehen“, sagte Bettina Keysers.
Auch in den Nachbarkommunen richtet man sich auf eine Langzeitaufgabe ein. Beispiel Flughafen Weeze: „Auf uns lastet ein enormer Druck. Wir sind rund um die Uhr gefordert, Flüchtlinge aufzunehmen. Deshalb werden wir unser Eventgelände als Unterkunft für 900 bis 1000 Menschen und eine Notunterkunft auf 300 bis 400 Plätze ausbauen“, sagte Flughafen-Geschäftsführer Ludger van
Bebber.
Deutlich wurde ebenfalls, dass die Unterbringung der Flüchtlinge nur einen Teil der Herausforderung ausmacht. Rainer Borsch, Geschäftsführer des Caritasverbands Kleve, blickte in die Zukunft: Wir müssen die Flüchtlinge integrieren, ihnen Sprachkurse anbieten. Dazu brauchen wir auch einen runden Tisch mit den Klever Unternehmern. Das unterstrich Bettina Keysers und mahnte: „Allein mit dem städtischen Personal lässt sich das nicht schaffen. Wir sind auf ehrenamtliche Helfer und auf Unterstützung aus der Wirtschaft angewiesen.“ Benötigt würden Pädagogen, Dolmetscher, Sport- und Spielangebote.
Van Bebber betonte, dass dazu mehr Geld vom Bund fließen müsse. „Eine Milliarde ist da lächerlich. Die Steuereinnahmen sind doch auf einem sehr hohen Stand.“ Brauer pflichtete bei: „Stimmt, wenn die Ausgaben gedeckt wären, gäbe es auch keine Ressentiments. Wenn der Klever Haushalt dagegen weiter so belastet wird, ist das zu viel.“
Und die Hoffnung liegt auf der unentgeltlichen Hilfe der Bevölkerung. Konkreter Hilfeaufruf von Saskia Kratz, Gründerin des Netzwerks „Kleve hilft“: „Wir brauchen Männerhosen in schmalen Größen. Außerdem suchen wir sechs verlässliche Helfer pro Tag.“
Viele Flüchtlinge hoffen auf ein besseres Leben in Deutschland. Auch in Kleve werden diese Menschen – wie hier am Berufskolleg – aufgenommen. Das stellt die Stadt vor große finanzielle und logistische Herausforderungen.